Die Goldbach Group hat am 14. Juni den Geburtstag «25 Jahre Werbefenster in der Schweiz» gefeiert.
Der Klein Report hat mit dem Mann gesprochen, der dafür gesorgt hat, dass hiesige Firmen auf RTL, Pro7 oder Sat1 Werbung schalten können. Der frühere Goldbach-CEO Klaus Kappeler hat mit seiner Idee dafür gesorgt, dass Fernsehwerbung in der Schweiz richtig gross wurde.
Klaus Kappeler, wie war das am 1. Januar 1993? Können Sie sich an den Silvesterabend noch erinnern?
Kappeler: «Ja, ich kann mich noch gut erinnern. Ich war so nervös. Daniel Andres, unser Werbespotverkäufer, hat mit mir den Silvester verbracht und wir warteten gespannt auf Mitternacht und das erste Werbefenster. Aber der Werbeblock wurde nicht wie geplant ausgespielt. Es passierte, was passieren musste: Die Regie verpasste, das Fenster auszustrahlen. Ich rief nach Deutschland an und sie spielten unsere Werbeblöcke dann 20 Minuten später. Es war eine Riesenfreude!»
Technisch war das vor 25 Jahren ja noch nicht so einfach. Die Schaltungen liefen über die noch junge Satelittentechnologie.
Kappeler: «Technisch wurde das Werbefenster über den Satelliten Astra aus Luxemburg abgewickelt. Heute kostet ein Transponder 350`000 Euro. Damals mussten wir 12,8 Millionen Deutsche Mark pro Jahr dafür bezahlen. RTL ging das Risiko ein. Im ersten Jahr erzielten wir mit Schweizer Werbung genau diesen Umsatz.»
Waren Sie auf den raschen Erfolg vorbereitet?
Kappeler: «IP Multimedia hatte einen Vertrag für drei Werbeinseln pro Tag auf RTL. Zum Vergleich: Heute mit 40 Sendern schaltet Goldbach etwa 800 bis 1000 Werbeinseln pro Tag oder 2 Millionen Spots im Jahr. Schon drei Wochen nach dem Start 1993 durfte ich dem seinerzeitigen RTL-Chef Helmut Thoma die erfolgreiche Botschaft übermitteln, bereits Werbung für sechs Inseln verkauft zu haben. Er meinte: `Schalten Sie einfach so viel Sie können.` Und ab dann ging es nur noch aufwärts.»
Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee für Schweizer Werbefenster?
Kappeler: «Die Idee kam mir aus einer Erfahrung in meiner Stifti. Für deutsche Zeitschriften wie `Schöner Wohnen` oder `Brigitte` produzierten wir damals Schweizer Splits. Das heisst, wir platzierten hiesige redaktionelle Texte und Werbung ins Heft. So kam mir die Idee. Ich sagte mir, was man im Print machen kann, muss auch mit einem Satelliten auf TV funktionieren.»
Wussten Sie, dass es kein einfacher Weg sein würde? Es gab ja Opposition von ganz oben.
Kappeler: «Ich war in der Schweiz für die SRG des Teufels. Und auch die Regierung bekämpfte mich. Das Departement des Altbundesrates Adolf Ogi, das uns die Schweizer Konzession erteilt hatte - die Schweiz ratifizierte als erstes Land Europas das Gesetz des grenzüberschreitenden Fernsehens -, unternahm im Dezember 1992 persönliche Demarchen nach Bonn, um die deutsche Regierung davon zu überzeugen, die Konzession wieder zu annullieren. Das hat die Deutsche Landesmedienanstalt am 27. Dezember 1992 dann auch gemacht. Nach Intervention durch RTL wurde uns die Konzession zwei Tage später wieder erteilt.»
Sie mussten für Ihr Baby immer wieder kämpfen.
Kappeler: «Der enorme Widerstand bestätigte uns in der Idee und dem potenziellen Erfolg und wir liessen nicht locker. Ich habe einfach immer daran geglaubt. Die SRG hatte zu dieser Zeit knapp 40 Prozent Marktanteil. 60 Prozent der Zuschauer konnten damals also keine Schweizer Werbung sehen. Ich sagte mir: Ein Medium, das als Monopol nur 40 Prozent der Bevölkerung erreicht, kann langfristig kommerziell nicht erfolgreich sein. Also kämpften wir für die Idee von Schweizer TV-Werbung.»
Wollten Sie die SRG konkurrenzieren?
Kappeler: «Im Gegenteil. Nicht gegen, sondern komplementär zur SRG! Ich wollte das TV als Leadmedium entwickeln. Ich war überzeugt, dass sich der Konsum von Informationen und Unterhaltung immer mehr vom Print auf die elektronischen Medien verlagern würde. Das war meine Kernüberzeugung.»
Der Bundesrat behauptete immer wieder, dass Sie Werbegelder exportieren und die SRG ruinieren würden.
Kappeler: «Ich erlebte ja viele Bundesräte, die für die elektronischen Medien verantwortlich waren während meiner 30 Jahre. Man wetterte immer gegen unsere Werbefenster und gleichzeitig verhinderten dieselben Leute auch die erfolgreiche Entwicklung der privaten Medien. Die SRG unter eine Käseglocke zu stellen, war, wie wir heute wissen, aber die komplett falsche Philosophie. Die SRG konnte dank den Werbefenstern ihren Umsatz ja sogar verdoppeln. Und die wirklichen Gegenspieler der Schweizer Medienlandschaft sind Google, Facebook & Co. Die Schweiz braucht Allianzen, um der globalen Entwicklung Stand halten zu können.»
Stand Ihnen der Verwaltungsrat, insbesondere Beat Curti, immer zur Seite?
Kappeler: «Beat Curti war von Anfang an mein Sparingpartner. Ich hatte die Ideen und er das Netzwerk. Das hat immer super funktioniert. Er hatte die Kontakte zu RTL. Ohne Curti hätte ich kaum einen Termin bei Helmut Thoma erhalten.»
Vor fünf Jahren haben Sie sich komplett aus der Goldbach Group zurückgezogen. Weshalb?
Kappeler: «Ich sagte einfach, 30 Jahre sind genug. Man muss jungen Leuten Platz machen. Michi Frank und Alexander Duphorn machen mit dem gesamten Team zusammen einen guten Job. Ich wollte auch einfach mal wieder etwas anderes machen.»
Nächste Woche können Sie Ihren 65. Geburtstag feiern. Was machen Sie heute den lieben langen Tag?
Kappeler: «Heute geniess ich vor allem das Leben. Investiere viel Zeit in die Familie. Die kam früher viel zu kurz. Weiter habe ich ein paar kleine Projekte.»
Was sind das für Projekte?
Kappeler: «Mein jüngstes Projekt ist `Quöllfrisch`. Das ist das beste Bier und kommt aus meiner zweiten Heimat, dem Appenzell. Es ist sehr spannend, für ein Konsumgüterprodukt aktiv zu sein. Das ist etwas ganz anderes als der Dienstleistungssektor. Ich bringe dort meine strategischen Gedanken ein.»
Was machen Sie sonst noch?
Kappeler: «Ich habe noch einen Weinberg, unterstütze eine Damen-Luxus-Uhr, bin im Verwaltungsrat von Wilmaa und kümmere mich auch um unseren wunderschönen Garten, der nicht ganz klein ist.»
Bald geht die Goldbach Group unter das Dach der Mediengruppe Tamedia. Ist das aus Ihrer Sicht ein guter Deal für ihr Lebenswerk oder machen Sie sich Sorgen?
Kappeler: «Ich habe vor fünf Jahren aufgehört und es geht mich nichts mehr an, was das Management macht. Ich habe dazu noch nie Auskunft gegeben und daran werde ich mich weiterhin halten.»