Content:

Montag
08.03.2021

Digital

Die E-ID hatte an der Urne keine Chance: Fast 65 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sagten Nein... (Bild: Screenshot Erklärvideo admin.ch)

Die E-ID hatte an der Urne keine Chance: Fast 65 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sagten Nein... (Bild: Screenshot Erklärvideo admin.ch)

Mit nur 35,6 Prozent Ja-Stimmen hat die Schweizer Stimmbevölkerung das E-ID-Gesetz am Sonntag deutlich abgelehnt. Die Gewerkschaft Syndicom deutet das Nein als «Votum gegen die Privatisierung von Staatsaufgaben», der Gewerbeverband dagegen bezeichnet das Resultat als «Rückschritt».

In naher Zukunft wird es in der Schweiz kein staatlich anerkanntes Log-in geben. Das «Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz)» ist an der Urne gescheitert. Im Gesetz wäre vorgesehen, dass sich Bürgerinnen und Bürger eine E-ID bei einem verifizierten Anbieter ausstellen können.

Damit könnten sich die Nutzerinnen und Nutzer digital ausweisen und so Dienstleistungen im Internet beziehen oder Dokumente bei Behörden online bestellen. Als Anbieter von E-IDs sind private Unternehmen, Gemeinden und Kantone vorgesehen.

Genau dieser Punkt sorgte für Unmut in gewissen Kreisen, der schliesslich zum Referendum geführt hat, über das am Sonntag nun entschieden wurde. Die Gegner des E-ID-Gesetzes störten sich daran, dass neben staatlichen Stellen auch Private einen amtlichen Ausweis herausgeben dürften.

Über das Scheitern der Vorlage freut sich die Gewerkschaft Syndicom, wie sie am Sonntag mitteilte. «Das Nein der Schweizer*innen zum E-ID-Gesetz war ein starkes Votum gegen die Privatisierung von Aufgaben des Staates, gegen die Kommerzialisierung von Bürgerdaten und für einen starken Service public», schlussfolgert Syndicom.

Eine von privaten, kommerziellen Interessen kontrollierte E-ID wäre schädlich gewesen, so die Gewerkschaft weiter. «Struktureller Wandel durch Digitalisierung kann nicht bedeuten, dass der Service public immer weiter beschränkt wird. Vielmehr muss der Service public neu an die Bedürfnisse der Bevölkerung angepasst werden.»

Nun müsse der Bund nach dieser klaren Niederlage beim digitalen Service public über die Bücher. «Statt Privatisierungspläne muss eine Strategie der Erneuerung entwickelt werden», fordert Syndicom und schielt damit auf die jüngst bekannt gewordenen Pläne des Bundes, die Postfinance zu privatisieren.

Tatsächlich greift Syndicom diese Pläne im Schreiben vom Sonntag an und kündigt an, dass sie sich «mit allen Mitteln dagegen wehren» werde – und droht «in letzter Konsequenz auch mit einem Referendum».

Der verlorenen Abstimmung über das E-ID-Gesetz trauert hingegen der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) nach. «Dieser Entscheid bedeutet einen Rückschritt für die Weiterentwicklung des E-Government und die Digitalisierung», bilanziert der SGV in einer Mitteilung am Sonntag.

Mit dem heutigen Entscheid an der Urne vergrössere sich nun der Rückstand der Schweiz auf jene Länder, die seit Jahren eine eigene E-ID haben.«Die Schweiz benötigt jetzt umgehend eine neue Lösung für die Regelung der Rahmenbedingungen für die Einführung der E-ID», so der Gewerbeverband weiter.

Mit der Ablehnung des Gesetzes hätten die Gegner «nichts gewonnen», aber die Schweiz viel Zeit im Digitalisierungsprozess «verloren».

Das Nein vom Sonntag ist auch eine Niederlage für Marc Walder, CEO von Ringier und Gründer von Digitalswitzerland, der sich öffentlich stark für die Einführung einer E-ID engagiert hatte.