Informationssperre bei der Keystone-SDA: Die Zahl derjenigen, welche die Nachrichtenagentur seit der Fusion Anfang Jahr verlassen haben, bleibt im Dunkeln. Gemäss Recherchen des Klein Reports hat die Vielzahl der Abgänge aber bereits zu organisatorischen Anpassungen bei den überregionalen Hubs geführt.
Von aussen betrachtet ist es scheinbar ruhig bei der Keystone-SDA. So berichtete das Unternehmen zuletzt über die «gelungene Premiere» von Textroboter «Lena», der am letzten Abstimmungssonntag «ganz von selbst» über 2200 Meldungen erstellt hat. Doch im Inneren rumpelt es gewaltig - auch wenn der Patient die Symptome so gut wie möglich verbirgt.
Am Montag war es einmal mehr nicht das Unternehmen selber, sondern anonyme Redaktoren, die über den Twitter-Account «Inside SDA» über die aktuellen Vorgänge berichteten. «Der Hub Zürich von Keystone-SDA ist seit heute Geschichte, Zürich wieder ein Regionalbüro und Bern wieder für die deutschsprachigen Regionen zuständig.» Demnach wurde der Standort vom organisatorischen Hub wieder zum «normalen Regionalbüro» umgewandelt.
Zur Erinnerung: Die Hubs in Zürich und Lausanne wurden erst im Hinblick auf die Fusion zwischen SDA und Keystone neu eingerichtet. Dem Zürcher Standort waren seither alle deutschsprachigen Regionalbüros mit einer Ausnahme und dem Hub in Lausanne sämtliche Regionalbüros der Romandie unterstellt.
Ist also der Hub in Zürich bereits wieder entmachtet? Auf Nachfrage des Klein Reports wollte Nadine Schumann, die seit November die Unternehmenskommunikation von Keystone-SDA leitet, die offizielle Haltung des Unternehmens zunächst vom inoffiziellen Twitter-Account «Inside SDA» distanziert wissen: «Grundsätzlich bitte ich Sie Kenntnis davon zu nehmen, dass `Inside SDA` kein offizieller Twitter-Account-Kanal von uns ist und demzufolge auch nicht Informationen seitens unseres Unternehmens weitergibt. Daher können Sie sich zwar auf den Twitter-Kanal berufen, deswegen werden die auf dem Account gemachten Aussagen nicht `wahrer`. Und entsprechend dann auch nicht kommentiert.»
Dann dementierte die Kommunikationsverantwortliche Schumann die Twitter-Meldung, ohne ins Detail zu gehen: «Die Aussage, dass der Hub Zürich von Keystone-SDA seit heute Montag nicht mehr existiert, ist falsch. Der Hub Zürich ist an der Grubenstrasse und existiert.»
Doch Nachforschungen des Klein Reports zeigen ein anderes Bild: Demnach ist die Frage, ob es den Hub Zürich noch gibt oder nicht, vor allem eine Frage der Definition. Zwar gibt es den Standort in Zürich, wo Text-, Bild- und Videojournalisten an einem Ort vereint sind, unbestrittenermassen weiterhin.
Der eigentliche Hub, wo koordiniert, delegiert und geplant wird und wo die journalistischen und publizistischen Entscheide gefällt werden, befindet sich nun aber nicht mehr in Zürich, sondern in Bern.
Das während sechs Monaten existierende Hub-Desk in Zürich, das die Verantwortung für den Output der Regionalbüros hatte, sei im ursprünglich geplanten Sinne wieder eingestellt worden, weil die Schichten schlicht und einfach nicht mehr besetzt werden konnten. Grund dafür seien die zahlreichen freiwilligen Abgänge bei Keystone-SDA.
Die Leiterin des Zürcher Hubs, Lucia Theiler, wird das Unternehmen Ende Woche in Richtung SRF verlassen. Auch deshalb werden die Regionalbüros seit Montag wieder aus der Hauptstadt betreut, bestätigten verschiedene Quellen dem Klein Report.
Zu den zahlreichen freiwilligen Abgängen seit Anfang Jahr, welche offenbar zu dieser organisatorischen Anpassung geführt haben, will man von Unternehmensseite nichts sagen. «Diese Frage kommentieren wir nicht», heisst es abblockend, genauso wie auf eine Reihe weiterer Fragen des Klein Reports.
Nach Informationen des Klein Reports sind es unterdessen - über alles gesehen - fast dreissig freiwillige Abgänge seit der Fusion im Januar. In den meisten Fällen würden diese Stellen nicht mehr neu besetzt.
Die nebulöse Kommunikation ist nicht weiter überraschend. Aus inneren Kreisen der Agentur heisst es, dass Geschäftsleitung und Verwaltungsrat von Keystone-SDA einen Befehl zur Informationsverweigerung erteilt hätten. Mehr als PR-Phrasen und Mitteilungen über einen gelungenen Einsatz von Textroboter «Lena» gibt es von offizieller Seite nicht.