Post, Migros oder Swiss Life: Diese Schwergewichte haben sich in den letzten Monaten für eine andere Agentur als Jung von Matt/Limmat entschieden. In der Branche entstand kurzweilig der Eindruck eines Image-Verlustes.
Im Gespräch mit dem Klein Report zieht CEO Roman Hirsbrunner Bilanz und spricht von den vielen kleineren und mittelgrossen Kundengewinnen, die den Abgang der drei Prestige-Kunden «mehr als aufgewogen» haben.
Zudem steht Cannes Lions und damit der weltweit wichtigste Kreativwettbewerb vor der Türe, wo Jung von Matt/Limmat im Juni zusammen mit Chief Creative Officer Dennis Lück mit sechs Eingaben am Start ist.
Fairerweise muss gesagt werden, dass Jung von Matt/Limmat – anders als beim Post-Pitch – beim Etat von Swiss Life gar nicht mehr an der Vergabe teilgenommen hat. Man habe sich gemäss Roman Hirsbrunner gegen eine Teilnahme entschieden, weil es beim Lebensversicherer im oberen Kader zu einem Stellenwechsel gekommen ist.
Hingegen wurmt den Geschäftsführer der Kampf ums BMW-Budget: «Markant für uns war sicherlich der Nicht-Gewinn von BMW. Wir haben sehr viel in die zur Aussicht gestellte Zusammenarbeit investiert und glaubten uns sehr nahe am Ziel», so Hirsbrunner. «Am Schluss mussten wir aber trotzdem dem Etathalter den Vortritt lassen. Das schmerzt, besonders bei einer so hoch emotionalen Marke wie BMW.»
Noch einmal anders ist die Situation beim Grosskunden Migros: Zwar sei bei der Zusammenarbeit mit der Detailhändlerin die «Schaumkrone» mit der grössten Beachtung weggefallen, andere Projekte kamen dafür hinzu, wie Hirsbrunner gegenüber dem Klein Report ausführt.
Die Gesamtbilanz des CEO ist deshalb positiv, «sowohl quantitativ als auch qualitativ»: Insgesamt stünden den zwei verlorenen und den zwei nicht gewonnenen Budgets ganze 14 neue Mandate gegenüber. «Ich bin mit dem Resultat im Neugeschäft sehr zufrieden.»
Dazu gehört beispielsweise Swissmilk: «Wer die Kuh ´Lovely` weiterentwickeln darf, der spürt schon ein wenig den Atem der Branche im Nacken», findet Roman Hirsbrunner. «Die Zusammenarbeit mit Swissmilk freut und verpflichtet zugleich.»
Auch Geberit zählt zu den Kunden, die neu von der Zürcher Agentur akquiriert werden konnten. «Ein paar weitere Namen muss ich noch verschweigen. Und ich bin überzeugt, dass im Laufe des Jahres noch einige dazukommen werden.»
Unterdessen laufen auch die Vorbereitungen für Cannes: Jung von Matt/Limmat hat sechs Kampagnen ins Rennen um einen Löwen geschickt. «Es sind diejenigen Arbeiten von uns, die der besonderen Härte einer internationalen Jury am besten gewachsen sind», wie Hirsbrunner findet.
Zu den heissesten Anwärtern aus seiner Reihe zählt er insbesondere die Kampagne für Graubünden Ferien und die Gemeinde Bergün. Das Bergdorf sorgte mit einem gemeindeweiten Fotografie-Verbot, das zwischenzeitlich erlassen wurde, für internationale Schlagzeiten. Zwei Tage später wurde das Ganze als reine PR-Aktion enthüllt. «Die Kampagne hat sicher gute Chancen auf eine Auszeichnung, trotz oder gerade wegen der vermeintlichen Kontroverse darum.»
Die Bedeutung der Cannes Lions schätzt Roman Hirsbrunner generell sehr hoch ein, wie er weiter ausführt. «Jedoch nicht als Award, sondern als Standortbestimmung und Impulsgeber für die Branche. Der Wettbewerb bildet den kommunikativen Rahmen, die Seminare und Ausstellungen sind aber der eigentliche Kern des Festivals.»
Eine dichtere Weiterbildung, als sich während fünf Tagen in Cannes den Einflüssen der Branche auszusetzen, könne er sich kaum vorstellen. «Wer von uns nach Cannes fährt, der nimmt Inspiration, Motivation und Qualitätsanspruch für ein ganzes Jahr mit nach Hause.»