Die Enthüllungen der Zeitung «Le Temps» von vergangenem Samstag machen ein schockierendes Ausmass an mangelnder Verantwortung bei Radio Télévision Suisse (RTS) sichtbar, vorausgesetzt, die in «Le Temps» beschriebenen Vorfälle treffen zu.
Das bringt jetzt das Schweizer Syndikat Medienschaffender SSM auf den Plan. «Jahrelanges Mobbing und sexuelle Belästigung – und die Direktion sowie die Personalverantwortlichen von RTS schauten konsequent weg», ärgert sich der Verband am Montag in einer Stellungnahme.
Die Westschweizer-Sektion des SSM kenne den Fall des Vorgesetzten «Robert», wie er im Artikel genannt wird, aus eigener Erfahrung. Das SSM hatte in diesem Fall vor Ort interveniert, war aber bei den Verantwortlichen weitgehend auf taube Ohren gestossen.
Die vielen Übergriffe bei RTS, welche das Rechercheteam von «Le Temps» aufdecken, ereigneten sich teilweise bereits vor fast zwanzig Jahren. «Offenbar wurde den Fällen, die von Betroffenen gemeldet wurden, nie oder nur ungenügend nachgegangen. Konsequenzen mussten die Verursacher von sexuellen Übergriffen keine befürchten», heisst es in der Stellungnahme.
Aus Angst vor einer Entlassung hätten einige Betroffene lieber geschwiegen, andere wiederum meldeten sich nicht, weil sie feststellten, dass ohnehin nichts unternommen wurde oder übergriffige Vorgesetzte gar befördert wurden.
Das SSM wiederholt deshalb eine schon vor Jahren deponierte Forderung für einen SRG-weiten Schutz bei sexuellen Übergriffen und Mobbing. Die aktuellen Instrumente seien ungenügend.
«Das SSM fordert daher eine professionelle und unabhängige Anlaufstelle, die das Vertrauen der Mitarbeitenden geniesst und an welche sich Betroffene oder auch das SSM im Einzelfall direkt wenden können.»
Das Syndikat fordert weiter, dass es als Sozialpartner in die Ausgestaltung der Prozesse und Zusammenarbeit mit der externen Anlaufstelle involviert wird. Das Thema sei auch bei den aktuell laufenden Verhandlungen mit der SRG für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag eingebracht worden.