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Mittwoch
01.09.2010

Mit zehn Kopien in neun Deutschschweizer Städten startet am Donnerstag, 2. September, die neuste Komödie von Dani Levy, dem Basler in Berlin. «Das Leben ist zu lang» feierte am Sonntag in Basel im Orange Cinema vor 1000 Zuschauern Premiere, in Zürich (Capitol) am Montag. Regisseur, Autor und Darsteller Dani Levy (53) begleitet seinen Film bis nach Wien. Klein-Report-Mitarbeiter Rolf Breiner traf den kreativen Filmer («Mein Führer», «Alles auf Zucker») im «Florhof» vor der Zürcher Erstaufführung.

Klein Report: Dani Levy, Sie begleiten Ihren Film intensiv, genauer seit 16. August. Wie gross ist Ihr Einsatz - etwa mit einem Marathonläufer vergleichbar?
Dani Levy: Eher wie ein Mittelstreckler, die Strecke ist vielleicht auch anstrengender als ein Marathon. Man läuft ja schneller. Ich habe in gut zwei Wochen zwischen 200 und 300 Interviews gegeben für alle möglichen Medien, habe an Podiumsdiskussionen und Talkshows teilgenommen. Die grosse Premiere war am 23. August in Berlin.

Klein Report: Wie fühlen Sie sich in dieser Phase?
Dani Levy: Ich bin nicht gelassen, sondern nervös, empfindlich, angreifbar, streitbar. Für mich ist diese Phase sehr aufregend. Der Film ist noch wund und frisch, und ich habe noch keine gesunde abgeschlossene Distanz zum Film. Er ist für mich wie ein frisch geborenes Baby, und es ist selbstverständlich, meine Babys zu begleiten, bis sie das Laufen gelernt haben. Ich will dann auch sehen, wie die Leute im Kino reagieren.

Klein Report: Wie wichtig ist diese Promotion- und Medienarbeit für einen Film heute noch?
Dani Levy: Es ist unerlässlich. Ich sehe keinen anderen Weg, als sich auf allen Ebenen zur Verfügung zu stellen. Unsere Gesellschaft ist komplex geworden und multimedial. Die Informationsflut in unserer Gesellschaft ist so riesig, dass es überhaupt schwierig ist, Aufmerksamkeit für einen Film zu wecken. Es ist anstrengend, und ich bin so gesehen ein Handlungsreisender.

Klein Report: Sie sind Teil der Promotion durch Ihre Präsenz...
Dani Levy: Ich bin ein stückweit meine Filme und in den deutschsprachigen Ländern selber eine Marke. Das ist eine Aufgabe und eine Leidenschaft.

Klein Report: Was hat es eigentlich mit dem Filmtitel auf sich, er hat einen ironischen Unterton...
Dani Levy: Natürlich, er ist dialektisch gemeint. Das Leben ist nicht zu lang und auch nicht zu kurz. Solange wir das Leben leben, sollte man sich über die Länge oder Quantität keine Gedanken machen, sondern versuchen, das Leben bewusst und sinnvoll zu leben.

Klein Report: Ist der Film eine Lebenskrisekomödie auf verschiedenen Ebenen? Traum und Wirklichkeit vermischen sich. Was ist hier wirklich?
Dani Levy: Der Film zeigt Schnipsel von Wirklichkeit, Elemente wahrer Momente, die man wiedererkennt, über die man lachen kann oder auch nicht. Am Film ist erstmal gar nichts wirklich, weil er eine inszenierte Realität, eine Komödie ist.

Klein Report: Das ist ein Schnittpunkt: Die Hauptfigur Alfi ist fiktiv, aber Sie als Regisseur und Filmer treten selber auf, die Schauspieler Katja Riemann, Caroline Herfurth oder Michael Bully Herbig spielen sich selber, sie alle sind real.
Dani Levy: Das ist ein Verwirrspiel, ein Spiel mit Ebenen, mit Realitäten. Das Thema heisst Schein und Sein. Die These des Films ist: Es gibt keine Realität. Die Realität ist eine Bühne, und dazu gibt es Hinterbühnen. Ich mag diese Spiel mit der Dimensionalität - reizvoll für den Zuschauer. Dieses Ringen um Erkenntnis, um Realität, ist ein Prozess, der im Kino zu Hause ist. Nur ist uns das nicht immer bewusst. In der Regel ist ein Film eine durchgängig narrativ erzählte Illusion.

Klein Report: Sie treten als Drahtzieher auf, der Menschen oder Figuren wie Marionetten manipuliert und gleichwohl auch attackiert wird.
Dani Levy: Der Film hinterfragt sich selber, das ist das Amüsante. Ich attackiere ja mich auch selber Der Zuschauer erlebt, dass Dani Levy zulässt, dass er im eigenen Film beschimpft wird. Das war natürlich auch ein grosser Spass: die Demontage meines Berufs, des Geschichtenerzählers, des Menschenverführers.

Klein Report: Ihr Film hat viel mit Familiensinn, Team- und Zeitgeist zu tun. Dramaturgisch ist er wie das Schälen einer Zwiebel aufgebaut.
Dani Levy: Zwiebel ist ein sehr schönes Bild: Die Häutung einer Geschichte oder eines Lebens führt zu einem Kern. Das ist ein Grundbedürfnis. Und das hat die Hauptfigur Alfi, der Filmer, und da ist er mir auch ähnlich. Die Suche nach dem Kern begleitet in irgendeiner Form jedes künstlerische Projekt.

Klein Report: Welches Gefühl haben Sie mit diesem jüngsten Film? Wird er beim Publikum ankommen?
Dani Levy: Das kann ich nicht beurteilen. Ich sage immer: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich habe ein gutes Gefühl, aber es ist ein eigensinniger Film, der einen mitnimmt auf eine eigenartige ungewöhnliche Reise.

Klein Report: Letzte Frage: Ihre zehnjährige Tochter Hannah spielt im Film Alfis Tochter. Wollte sie oder wollten Sie?
Dani Levy: Sie wollte. Sie hat mich lange bearbeitet und ich habs mit meiner Frau besprochen. Bei den Probeaufnahmen hat sich dann gezeigt, dass sie Talent und eine starke Ausstrahlung hat. Sie hat dabei viel über Teamwork gelernt. Und über ihren Papa, das verbindet uns sehr.

Levy über «Alles auf Zucker!»: Dani Levy: Odyssee eines Regisseurs in Midlife-Krise