Evakuierte Personen, überflutete Strassen und Keller sowie unterbrochene Bahnlinien: Am Montag hielt im Berner Oberland das Hochwasser die ganze Region in Atem. Durch die intensiven Regenfälle waren zahlreiche Bäche und Flüsse über die Ufer getreten und überfluteten Strassen und Bahnstrecken. Besonders hart traf das Hochwasser die Bevölkerung des Gasterntals oberhalb von Kandersteg und die Ortschaft Mitholz. Die Rega und ihre Partner mussten die vom Hochwasser bedrohten Personen evakuieren.
Für das regionale Radio Berner Oberland (BeO) war die Situation am Montag ebenfalls nicht einfach zu handhaben, wie Redaktorin Fabienne Wüthrich dem Klein Report berichtete. Bereits ab 10 Uhr morgens informierte der Sender über das Hochwasser, ab 14 Uhr wurde regional in Sonderinfos sogar im Stundentakt über das Ausmass des Hochwassers im Berner Oberland informiert. Die Redaktion absolvierte teilweise eine Zehn-Stunden-Schicht und arbeitete bis nach Mitternacht, und auch am Dienstag war das Thema beim Oberländer Sender noch aktuell.
«Wir waren am Montagmorgen sehr früh mit unseren Informationen», sagte Adrian Durtschi, Chefredaktor von Radio BeO am Dienstag gegenüber dem Klein Report. Bereits früh habe die Hörerschaft den Sender über das Hochwasser informiert.
Laut Durtschi gibt es für ausserordentliche Ereignisse beim Radio BeO ein extra angefertigtes Konzept. Dieses sei in den 90er-Jahren entstanden, «weil das Berner Oberland vom Lawinenwinter und dem Sturm Lothar stark betroffen war», sagte er. Mit dem Konzept solle gewährleistet werden, «dass der Sender rasch von null auf 100 rauffahren kann».
Das Konzept definiere, dass bei Ereignissen wie etwa am Montag stündlich über das Ausmass berichtet werde, so Durtschi. Werde die Lage dramatisch, werde sogar im Halbstundentakt informiert. Am Montag sei das nicht nötig gewesen, da sich der Newsgehalt nicht so schnell verändert habe. Der Stundentakt wurde definiert, weil sich der durchschnittliche Radiohörer rund jede Stunde dem Medium zuwende. «Damit wollen wir gewährleisten, dass wir möglichst viele Hörerinnen und Hörer erreichen», sagte Durtschi gegenüber dem Klein Report.
Bei ausserordentlichen Ereignissen müsse zudem jemand aus der Redaktion den Lead übernehmen und zusammen mit der Tagesredaktion die Sonderinfos produzieren. «In wirklich dramatischen Fällen kann die Redaktion sogar die Programmhoheit übernehmen», so Durtschi. Das heisst: Die Redaktion bestimmt, welche Musik gespielt wird und welche Wettbewerbe durchgeführt werden.
Rein personell gesehen, stehe Radio BeO ein Sonderbudget für ausserordentliche Ereignisse zur Verfügung. «Damit soll die Möglichkeit gewährleistet werden, viele Leute an verschiedenen Orten einzusetzen», sagte Durtschi gegenüber dem Klein Report. Zudem würden Überstunden im Zusammenhang mit ausserordentlichen Ereignissen über das Sonderbudget abgerechnet.
Am Montag meldeten sich ebenfalls diverse Hörer und Führungsorgane bei Radio Berner Oberland. So zum Beispiel ein Feuerwehrkommandant aus Kandergrund, der die Bevölkerung in der betroffenen Ortschaft Mitholz über das Radio BeO informierte, sie solle sich für die Evakuierung mit dem Helikopter bemerkbar machen. Ebenfalls meldete ein Führungsorgan über den Radiosender, dass die Bevölkerung des Dorfes Frutigen sparsam mit Wasser umgehen solle, da die entsprechende Hauptleitung der Wasserversorgung durch das Hochwasser beschädigt wurde.
«So stellen wir uns quasi den Behörden zur Verfügung, die ihre Botschaft loswerden können», so Durtschi. Radio BeO werde in diesen Situationen als Infokanal genutzt. Zudem bestehe mit den regionalen Führungsorganen in Thun und Interlaken eine Zusammenarbeitsvereinbarung, «was für ein regionales Radio speziell ist», sagte er.
Allgemein seien Situationen wie am Montag «sehr aufwendig für das Radio BeO und der Einsatz überdurchschnittlich». Trotz Hochwasser mussten die Nachrichten sorgfältig aufbereitet werden, bei unkorrekten Meldungen führe das ansonsten sofort zu Rückmeldungen. Auch stehe die Redaktion unter ständigem Zeitdruck, da die Leute die Erwartung hätten, das Radio müsse sofort berichten. Entsprechend gross sei der Druck auf die Redaktion und «der Aufwand unglaublich hoch», sagte Durtschi.
Auf den Betrieb selber fokussiert, sagte Geschäftsführer Thomas Morgenthaler-Jörin am Dienstag gegenüber dem Klein Report: «Wir müssen in ausserordentlichen Situationen die technischen Mittel zur Verfügung stellen.» Bei grösseren Naturkatastrophen seien zudem das Studio und die wichtigsten Sender im Gebiet des Radios BeO mit Notstrom gesichert.