Bundesrat und Parlament haben sich am Dienstag für die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm ausgesprochen: Wer im Internet, in sozialen Medien oder auf anderem Weg öffentlich zu Hass oder Diskriminierung gegen Schwule oder Lesben aufruft, soll strafrechtlich verfolgt werden.
Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung - Homo-, Bi- oder Heterosexualität - würde damit gleichbehandelt wie solche wegen Rasse, Ethnie oder Religion einer Person oder einer Gruppe von Personen.
«Dass Menschen verbal oder tätlich angegriffen werden, weil sie homo- oder bisexuell sind, kommt immer wieder vor», sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter am Dienstag vor den Medien. Das geltende Gesetz schütze vor solchen Angriffen aber nur, wenn gleichzeitig ein anderer Gesetzesartikel verletzt wird - zum Beispiel wenn eine Ehrverletzung oder eine Körperverletzung vorliegt.
«Wenn jedoch eine ganze Gruppe angegriffen wird, wenn beispielsweise auf den sozialen Medien gegen die Homosexuellen als Gruppe gehetzt wird, zu ihrer Diskriminierung aufgerufen wird, dann kann das heute strafrechtlich nicht verfolgt werden», erklärte die Bundesrätin.
Es sei mit dem Internet und vor allem den sozialen Medien einfacher als noch vor zehn oder zwanzig Jahren, sich mit Aufrufen zu Hass Gehör zu verschaffen. «Die Hemmschwelle sinkt, wenn man nach aussen anonym bleiben kann. Gleichzeitig können Aufrufe zu Hass in den sozialen Medien rasch Zehntausende Personen erreichen», so Karin Keller-Sutter.
Aus diesen Gründen befürwortet der Bundesrat, genauso wie das Parlament, die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm. Die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) und die Junge SVP haben gegen die Änderung des Strafgesetzbuches das Referendum ergriffen. Am 9. Februar kommt es deshalb zur Volksabstimmung.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte, dass die Meinungsäusserungsfreiheit weiterhin sehr stark gewichtet werde. Die Anti-Rassismus-Strafnorm würde nur dann greifen, wenn in aller Öffentlichkeit zu Hass oder Diskriminierung aufgerufen wird - und zwar absichtlich und unter krasser Verletzung der Menschenwürde.
CVP-Ständerat Beat Rieder, Präsident der ständerätlichen Rechtskommission, erklärte dazu: «Sachliche Meinungsäusserungen sind weiterhin möglich, auch dann, wenn sie provokativ formuliert sind. Und auch in Zukunft deckt die Meinungsäusserungsfreiheit sogar unanständige Aussagen ab. Nur Hass ist eben keine Meinung, und in einem Klima des Hasses und der Angst kann es keinen freien Austausch der Meinungen geben.»
Auch Stammtischgespräche und Witze blieben mit der erweiterten Anti-Rassismus-Strafnorm erlaubt, führte Rieder die juristischen Details aus. Denn nur, wer öffentlich zu Hass oder Diskriminierung gegen Schwule, Lesben, Bis- oder Heterosexuelle aufruft, würde strafrechtlich verfolgt - und zwar von Amtes wegen, also selbst ohne Strafantrag einer betroffenen Person.