Wird ein Zeitungsartikel von Google in einem Anreisser zusammengefasst, soll der Internetriese dafür blechen. Nach der EU-Kommission will nun auch der Europäische Rat eine Entschädigung für Verlage, wenn deren Inhalte online verwendet werden. Schweizer Verleger sehen hingegen wenig Handlungsbedarf.
Die Europäische Union macht Ernst im Kampf um den urheberrechtlichen Schutz von Verlagsinhalten. Ein entsprechender Gesetzgebungsvorschlag der EU-Kommission zur Formulierung eines europäischen Verlegerrechts vom letzten September wird momentan im Europäischen Rat diskutiert – und stösst dabei auf breite Unterstützung.
«Bei der ersten Sitzung im Rat haben sich mit Italien, Frankreich und Deutschland drei grosse Mitgliedstaaten hinter unseren Vorschlag gestellt», sagte EU-Kommissar Günther Oettinger in einem Interview mit der «Stuttgarter Zeitung» vom Sonntag. Es gebe zwar noch «einige kritische Fragen» von Ratsmitgliedern, eine «komplette Verwässerung» des Gesetzes sei aber nicht zu erwarten.
«Da die laufende estnische Ratspräsidentschaft sehr viel Wert auf die digitale Agenda legt, hoffe ich, dass wir bis Jahresende substanzielle Fortschritte machen und dann spätestens Anfang 2018 abschliessen können», so Oettinger weiter.
Der Gesetzgebungsvorschlag der Kommission zielt dabei unter anderem auf eine Verpflichtung für Internetanbieter, die hochgeladenen Inhalte ihrer Nutzer besser zu überwachen. Zudem sollen solche Anbieter für die Verwendung von sogenannten «Mitnahmeeffekten» bezahlen müssen. Ein Beispiel hierfür sind die Anreisser zu Zeitungsartikeln, die auf der Seite von Google angezeigt werden.
Die europäischen Verlage sollten jedoch gewarnt sein: Der unilaterale Versuch Spaniens, den Internetriesen durch stärkere Urheberrechte zur Kasse zu bitten, führte im Jahr 2014 zur Einstellung von Google News in Spanien und einem Traffic-Einbruch auf den spanischen Newsportalen. «Google hat Spanien einfach ausgeblendet», so Oettinger.
Durch ein gesamteuropäisches Verlegerrecht – auch Leistungsschutzrecht genannt – erhofft er sich jedoch eine erhöhte Kooperationsbereitschaft von Google. «Die Wirtschaftskraft im digitalen EU-Binnenmarkt und der Werbemarkt mit 500 Millionen Verbrauchern sind so bedeutend, dass keine Plattform darauf verzichten kann.»
Doch wie steht es eigentlich um die Verlegerrechte in der Schweiz? «Es gibt in der Schweiz keinen eigenen Rechtsschutz für die verlegerische Leistung», erklärt Emanuel Meyer, Leiter Rechtsdienst Urheberrecht beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE), gegenüber dem Klein Report.
«Presseverlage lassen sich aber meines Wissens jeweils die Urheberrechte von den Autoren abtreten. Sie werden damit zum Rechteinhaber und können so als Inhaber der Urheberrechte gegen Verletzungen der Urheberrechte an von ihnen verlegten Presseerzeugnissen vorgehen», so Meyer weiter.
Bestrebungen zu einem schweizweiten Verlegerrecht gibt es momentan aber keine. Zwar haben sich die Schweizer Presseverleger bei der politischen Diskussion zur Modernisierung des Urheberrechts für einen stärkeren Schutz der Verlage eingesetzt, ihre Forderung hat sich aber als «nicht mehrheitsfähig» erwiesen, so Meyer weiter.
Zudem bestätigt auch Andreas Häuptli, Geschäftsführer des Verbandes Schweizer Medien (VSM), dass «wir zur Zeit keine eigenen Anstrengungen für die Einführung eines solchen Rechts in der Schweiz unternehmen». Die Einführung eines Leistungsschutzrechts im VSM werde aber seit 2009 in «unregelmässigen Abständen» immer wieder diskutiert und neu beurteilt.
Darüber hinaus verfolge man beim VSM die Entwicklung auf europäischer Ebene und es sei abzuwarten, wie Google und andere betroffene Plattformen auf eine Einführung auf europäischer Ebene reagieren würden. Diese Entwicklung verfolgt laut Emanuel Meyer auch das IGE. «Die Schweiz steht mit der EU auch im Bereich Urheberrechte in einem regelmässigen Austausch», so Meyer.