Nachdem das ehemalige Radio 105 Konkurs anmelden musste, kaufte Roger Schawinski (71) den Sender. Zwei Jahre später, der Sender heisst unterdessen Planet 105, nimmt Schawinski Bezug auf die Konkurse von Radio 105 und Jugendsender Joiz und fordert in seinem Blog im Branchenportal «persönlich» eine Gebührenfinanzierung seines Jugendsenders.
In einem Gastbeitrag für den Klein Report äussert sich dazu Giuseppe Scaglione, Gründer von Radio 105 und heutiger Chef der Musikstreaming-Plattform my105. Er verfasste dazu folgende Replik.
«Roger Schawinski kennt keine Skrupel. Nachdem er jahrelang medienwirksam die SRG bekämpft hat, liess er sich 2011 vom Schweizer Fernsehen für eine wöchentliche Talkshow anstellen und bezahlen. Man rieb sich die Augen. Und jetzt kommt der nächste fragwürdige `Höhepunkt` seiner Karriere: `Roscheee` fordert öffentliche Gebührengelder für seine Radio-Flops. Kein Witz: Der Staat soll den Geldbeutel des Multi-Millionärs schonen. Als ob es die Aufgabe des Bundes wäre, Investoren vor verlustreichen Geschäften zu schützen.
Ein kleiner Rückblick: Schawinski übernahm nach dem Konkurs von Radio 105 ein äusserst talentiertes und kreatives Team und ein sehr erfolgreiches, beim jungen Publikum beliebtes Produkt. Heute ist davon nicht mehr viel übrig. Vom damaligen Power-Team konnte er gerade einmal 4 Mitarbeiter halten. Die anderen haben den Sender desillusioniert und zermürbt verlassen. Auch viele Hörer sind abgesprungen und schlussendlich auch die meisten Werbekunden. Dabei hatte sich Schawinski bei der Übernahme in der Öffentlichkeit als Held und Retter von Radio 105 inszeniert. Ebenso war er davon überzeugt, mit seinen zwei Sendern Radio 1 und Planet 105 – oder wie er es nannte `mit zwei Sendern aus einer Küche` – ordentlich Kasse zu machen. Das ging ziemlich daneben.
Schnell wurde klar, dass sich Schawinski komplett überschätzt hatte. So titelte der `Tages-Anzeiger` am 19.11.2015: `Roger Schawinskis 105-Probleme`. Im Artikel wurde auch die Frage aufgeworfen, ob Schawinski gegen die Konzession verstösst. Diese berechtigte Frage ist bis heute noch offen.
Schawinski machte einen weiteren kapitalen Fehler: Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass ich als Vater von Radio 105 nochmals ein Comeback in der Branche feiern würde – und zwar ausgerechnet mit der gelb-schwarzen Originalmarke, die er sich fatalerweise nicht sichern wollte. In erster Linie stand er sich dabei selber im Weg. Den Journalisten diktierte er ins Mikrophon, er hätte für die Originalmarke `Millionen an den italienischen Lizenzgeber` bezahlen müssen, was natürlich nicht stimmte. Nicht einmal sein Lausbubenstreich und Etikettenschwindel, bei dem er sich mit der Wortkreation Planet 105 weiterhin der Marke 105 bediente, ohne dafür eine Lizenz zu besitzen oder Lizenzgebühren zu bezahlen, konnte den Absturz verhindern.
Wenige Monate nach dem Neustart meines Online-Projektes my105 erreichten wir gemäss einer repräsentativen Umfrage bereits doppelt so viele Hörer wie Planet 105. Energy-Chef Dani Büchi meinte damals, Planet 105 spiele auf dem Hörer- und Werbemarkt keine Rolle mehr und Roger Schawinski habe den Sender gegen die Wand gefahren. Aber Schawinski redet gerne von Managementfehlern anderer.
Achtung: Schawinskis Ruf nach Gebührengeldern für Jugendsender ist ein Ablenkungsmanöver – sozusagen eine Nebelpetarde. Der Opportunist wittert in der aktuellen medienpolitischen Debatte Morgenluft. Auch hier hat er keine Skrupel, den Konkurs und die damit verbundenen Schicksale anderer Menschen für seine rein finanziellen Zwecke zu missbrauchen. In Tat und Wahrheit haben beide von ihm erwähnten Konkurse nämlich nichts mit fehlenden Gebührengeldern zu tun. Viele Radios und auch andere Medien, die sich eben nicht an Jugendliche richten, kämpfen genauso ums Überleben. Viele von ihnen wären ohne grosszügige Finanzeinlagen ihrer Besitzer schon lange pleite.
Ein Paradebeispiel ist hier ausgerechnet Radio 1 von Roger Schawinski. Der Sender, der sich per Eigendefinition `an Erwachsene` richtet, hat zwischen den Jahren 2009 und 2015 gemäss Website des BAKOM einen Verlust von sagenhaften 5,9 Mio. eingefahren. Den Löwenanteil dieses Verlustes, nämlich CHF 5,4 Mio., hat Schawinski eingefahren, bevor er Radio 105 übernommen hat, also alleine mit seinem `Sender für Erwachsene` Radio 1. Seit dem Sendestart im Jahr 2008 hat er jedes Jahr Verluste produziert – und dies, obwohl er immer wieder das Angebot zurückgefahren und Kosten gesenkt hat. Im Jahr 2015, und somit in seinem 7. Betriebsjahr, wies Schawinski immer noch einen Verlust von knapp CHF 400'000 aus.
Im Gegensatz dazu war ich 2015 mit meinem neuen Projekt my105 bereits in meinem ersten Betriebsjahr `Break-even`. Hätte Schawinski dank dem damaligen Verkauf seiner - wie es Hanspeter Lebrument einmal in einem Interview ausdrückte - `maroden Radio- und Fernsehfirma` an Tamedia nicht das nötige Kleingeld erhalten, wären seine Sender schon längst Konkurs gegangen. Aber Schawinski spottet lieber über andere, sie seien `krachend Konkurs gegangen`. Nun scheint ihm jedoch sein Hobby zu teuer geworden zu sein. Der Staat soll es richten – ganz nach dem Motto: `Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren`.
Mit Schawinskis Ruf nach Gebührengeldern wiederholt sich ein altbekannter Film: Schon damals, als sein TV-Sender Tele 24 am finanziellen Abgrund stand, forderte er mit gross inszeniertem Getöse Gebührengelder für seinen Sender. Bekanntlich richtete sich aber Tele 24 genauso wenig an Jugendliche wie sein ebenfalls gescheitertes Projekt Opus Radio. Aber immer waren dann bei der Schliessung seiner Sender die anderen schuld. Bei Tele 24 war es Medienminister Moritz Leuenberger und bei Planet 105 wird es wahrscheinlich seine Nachfolgerin Doris Leuthard sein.
Schawinski hat wohl lange nach einem Ausweg aus seiner Radio-Misere gesucht - und ihn nun vielleicht gefunden. Bekommt er Gebührengelder, übernehmen wir Gebührenzahler seine Verluste und er kann weitersenden und dabei sein Geld schonen. Klappt das nicht, hat er - wieder einmal - den perfekten Schuldigen gefunden, um mindestens einen Sender zu schliessen.
Das Verlangen nach öffentlichen Geldern ist eigentlich immer ein Eingeständnis an das eigene marktwirtschaftliche Versagen. Insofern ist Schawinski gescheitert. In diesem Zusammenhang stellt sich noch eine Frage: Selbst wenn es für Jugendmedien Gebührengelder geben sollte - wie kommt Schawinski eigentlich darauf, dass diese ausgerechnet an seinen Sender gehen würden? Er betreibt ja nicht als einziger in diesem Land sog. `junge Medien`. Abgesehen von Angeboten wie my105 richten sich auch andere Online-Medien wie Watson oder 20 Minuten Tillate an junge Leute. Und sogar bei Radio Energy könnte man sich diese Frage stellen. Und wieso sollten ausgerechnet die `alten` Medien Radio und TV mit Gebühren unterstützt werden, wenn diese, wie eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt, bei Jugendlichen gar keine Relevanz mehr haben? Zudem dürfte es ziemlich schwierig werden, die Jugend als `Minderheit` durchgehen zu lassen.
Vielleicht ist aber der `Roscheee` viel cleverer, als wir alle meinen, und er will gar keine Gebühren, sondern greift dieses Mal die SRG von innen an – sozusagen als `trojanisches Pferd`. Denn mal ehrlich: Was kann der No-Billag-Initiative Besseres passieren, als immer neue und derart abstruse Forderungen nach Gebührengeldern?»