Das Bundesgericht hatte im Februar eine RTS-Reportage über den Walliser Weinhändler Dominique Giroud als nicht sachgerecht beurteilt. Das Urteil beschneide die journalistische Recherche, findet die SRG, und zieht es jetzt weiter nach Strassburg.
Das strittige Urteil betrifft einen Bericht des RTS-Reportagemagazins «Temps Présent» über Lecks im Schweizer Kontrollsystem von Weinen. Die Panschereien waren im Zuge der verworrenen Giroud-Affäre ans Tageslicht gekommen, in der es auch um Steuerdelikte des Weinhändlers Dominique Giroud ging.
Dieser war 2013 ins Suchraster von RTS-Journalisten geraten. Giroud beschwerte sich gegen drei Sendungen bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI), die ihm in einem Fall recht gab, weil eine der «Temps présent»-Sendungen nicht ausgewogen gewesen sei.
RTS zog diese Einschätzung ans Bundesgericht weiter. Im letzten Februar blitzte es dort schliesslich ab: Die Bundesrichter fanden es laut Urteil unter anderem unsachlich, dass die RTS-Journalisten einen Zusammenhang suggerierten zwischen Dominique Girouds Geschäftsgebaren und seinen konservativen Statements, mit denen er vor über zehn Jahren gegen Homosexuelle und die Abtreibung gewettert hatte.
Mit dem letzten Wort der Schweizer Justiz will die SRG die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Das Lausanner Urteil werfe «wichtige Fragen über die Freiheit der Meinungsäusserung der Medien gemäss Artikel 10, Europäische Menschenrechtskonvention», begründete die SRG am Dienstag ihren Schritt nach Strassburg.
Die Art, wie die Bundesrichter die Causa erwogen hätten, enthalte «Einschränkungen, welche die journalistische Untersuchungstätigkeit massgeblich erschweren», heisst es in dem Kommuniqué dazu, ohne genauer zu werden.
Auf die Nachfrage des Klein Reports, inwiefern das Lausanner Urteil die journalistische Recherche beschneide, hiess es von der SRG-Medienstelle lapidar: «Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aufgrund des Weiterzugs des Urteils an den Europäischen Gerichtshof hierzu keine weiterführenden Angaben machen können, weil es sich somit um ein noch laufendes Verfahren handelt.»