Die Recherchen des Klein Reports haben voll ins Schwarze getroffen: Die Bemühungen der SRF-Direktion, den Umzug des Berner Radiostudios in die Limmatstadt möglichst im Stillen durchzudrücken und so der öffentlichen Diskussion zu entziehen, blieben erfolglos.
Am 4. April war es soweit: SRF-Direktor Ruedi Matter präsentierte den Mitarbeitern des Schweizer Fernsehens (SRF) das Sparprojekt «Standortüberprüfung Bern». Danach sollte alles ganz schnell gehen: In einem geheimen Antrag an die SRG-Geschäftsleitung forderte Matter gemäss der «Wochenzeitung» einen raschen Grundsatzentscheid, ob das Projekt umgesetzt werde oder nicht.
Parallel dazu versuchte der Fernsehdirektor, das Thema in der Öffentlichkeit klein zu halten und diffamierte gar recherchierende Journalisten des Klein Reports über seinen privaten Twitter-Account. Denn wie der Klein Report am 7. Mai berichtete, wurde ein Beitrag über den Radio-Umzug, der für den 10. April geplant war, von den SRF-Oberen verhindert. Pikant: Grössere Teile des Beitrags waren bereits abgedreht und viele beteiligte Protagonisten schon befragt.
Der Klein Report berichtete stetig weiter über die umstrittenen Umzugs- und die damit verbundenen möglichen Sparpläne von Ruedi Matter. Doch gleichzeitig wurde über das wichtige Thema, das die SRF-Belegschaft seit Anfang April beschäftigte, im reichweitenstarken Schweizer Fernsehen sagenhafte zwei Monate lang nicht adäquat berichtet. Erst am 28. Mai wurden die hochbrisanten Umzugspläne im SRF vertieft thematisiert. Zu einem Zeitpunkt, als der Widerstand bereits weit über die SRF-Journalistenkreise auf die Politik übergeschwappt und so unübersehbar geworden war.
Das lange Schweigen war ganz im Sinne der SRF-Direktion. Denn bis Ende Mai, also nur wenige Tage nach der erstmaligen SRF-Berichterstattung, hoffte man auf einen Grundsatzentscheid der SRG-Geschäftsleitung – eine komplette Fehleinschätzung, wie sich unterdessen herausgestellt hat. Die Recherchen des Klein Reports über die Zensur passten Ruedi Matter deshalb überhaupt nicht: «Die Aussage, ich hätte einen Beitrag in ‹Schweiz aktuell› zum Thema Radiostudio Bern verhindert, ist frei erfunden. ‹Kleinreport› im Verbund mit ‹Pro Radiostudio Bern›: Recherche? Qualitätsjournalismus?», twitterte der SRF-Direktor über seinen privaten Account.
Matter versuchte so, nicht nur die Gegner des Umzugs, also die Gruppe Pro Radiostudio Bern, sondern auch den Klein Report, der kritisch über das Thema berichtete, in ein unglaubwürdiges Licht zu stellen. Die Zensur selber dementierte Ruedi Matter nicht, wenn man den Tweet genau liest. Der Fernsehdirektor versuchte stattdessen, sich selber wegzuducken und die Thematik zu verschleiern, indem er in fast schon rabulistischer Weise zwei Fragezeichen platzierte.
Über SRF-Anwalt Rudolf Mayr von Baldegg liess Matter dem Klein Report dann ausrichten, wie er zur Aussage einer wasserdichten Quelle des Klein Reports, dass Matter persönlich für die Zensur zuständig war, steht: «Der Vorwurf wiegt schwer, unterstellt er doch sinngemäss einen Verstoss gegen die Verfassung, was schon deshalb absurd ist, weil mein Mandant selber die publizistische Gesamtleitung innehat», schreibt Mayr von Baldegg.
Würde der Klein Report den Spiess umdrehen und selber so grosszügig wie Ruedi Matter mit Fragezeichen hantieren, so würden sich nach dieser Anwaltskorrespondenz folgende Fragen stellen: Steht Ruedi Matter über der Verfassung? Und zahlt Matter, der den fraglichen Tweet über seinen privaten Twitter-Account absetzte, auch die Kosten für SRF-Anwalt Mayr von Baldegg aus seiner privaten Kasse? Ist Ruedi Matter als SRF-Direktor noch tragbar?
So oder so hat der Widerstand gegen den Umzug der Radioabteilung von Bern nach Zürich die Pläne des SRF-Direktors durchkreuzt. Die Taktik, das Thema unter den Teppich zu kehren, ist gescheitert – Ruedi Matter ist für das Unterfangen zur Hypothek geworden.
Dass die SRG-Geschäftsleitung das Projekt noch bis in den Herbst hinein «vertieft überprüft», hat einen einfachen Grund, wie ein Insider gegenüber dem Klein Report sagte: So kann Ruedi Matter, der kurz vor seiner Pensionierung steht, sein Gesicht wahren.