Nachdem sich auch der Nationalrat für Netzsperren im neuen Geldspielgesetz ausgesprochen hat, befürchten Kritiker ein Präjudiz für künftige Netzzensur: Der Chaos Computer Club Schweiz (CCC-CH), bestehend aus schweizweit verteilten Hackerspaces, will deshalb das Referendum gegen das Gesetz ergreifen.
Nach dem Ständerat winkte auch der Nationalrat das neue Geldspielgesetz mit einer deutlichen Mehrheit durch: Dieses sieht Netzwerksperren für Online-Geldspiele ausländischer Anbieter vor. Online-Spiele dürften so nur mit einer Konzession angeboten werden.
Im Nationalrat wurden mehrere Punkte kontrovers diskutiert. Das neue Gesetz soll zum «Schutz der Spieler» beitragen, sagten Befürworter. Denn nur konzessionierte Anbieter müssen auch die Schutzvorschriften des Schweizer Gesetzes einhalten. Gegner kritisierten hingegen, dass solche Netzsperren nicht effektiv seien und gerade von Spielsüchtigen leicht umgangen werden könnten.
Auf die umstrittene Wirksamkeit von Netzsperren weist auch der CCC-CH hin: «Die digitalen Gartenzäune, welche Justizministerin Sommaruga zunächst im Geldspielgesetz und auch im Rahmen des Urheberrechts bereits vorgeschlagen hat, drohen die globale Weblandschaft aus Schweizer Sicht zunehmend wie einen kruden Hindernislauf aussehen zu lassen», argumentiert die Vereinigung.
Ein Teil der Einnahmen aus Glücksspielen fliesst in die Kassen der Kantone und der AHV. Justizministerin Simonetta Sommaruga erwähnte im Nationalrat eine Studie der Universität Bern, wonach ein Bruttospielertrag von über 250 Millionen Franken, der mit in der Schweiz nicht bewilligten Angeboten realisiert wird, derzeit an der AHV vorbei geht - aus Sicht der Befürworter ein weiterer Grund für die strengere Reglementierung.
Der Chaos Computer Club will hingegen ein liberales Web bewahren und befürchtet, dass mit dem neuen Geldspielgesetz ein Präjudiz für weitere Netzzensur geschafft wird: «Wir möchten ein freies und offenes Web bewahren, frei von staatlicher Bevormundung egal in welcher Form und ohne Gartenzäune: Mögen sie noch so gut gemeint sein und noch so geeignet erscheinen, um Schweizer Kasino- oder Sozialversicherungskassen mit Geld zu befüttern, wie dies mit der Netzzensur im Geldspielgesetz das vordringlichste Anliegen ist.»
Mit weiteren Akteuren der Schweizer Netzpolitik will der CCC-CH deshalb das Referendum ergreifen und hofft dabei auf finanzielle Unterstützung aus der ICT-Industrie, damit eine ausreichende Finanzierung des Referendums von Anfang an gesichert ist.