Ingrid Kolb, die frühere Leiterin der Henri-Nannen-Schule, hat die Sparmassnahmen bei Gruner + Jahr scharf kritisiert. In einem «persönlichen Brief» an die Vorstandsvorsitzende des Verlags, Julia Jäkel, heisst es, Jäkel habe «den kreativsten Mitarbeitern in Ihrem Verlag, nämlich den Journalisten, den Boden unter den Füssen weggezogen».
Grund für das Schreiben ist die kürzliche Entlassung von 25 Mitarbeitern bei «Geo» und «Brigitte». Bei der Frauenzeitschrift gibt es künftig keine Redaktoren mehr, die ausschliesslich schreiben.
Die 73-jährige Kolb leitete als Nachfolgerin von Wolf Schneider von 1995 bis 2006 die Henri-Nannen-Journalistenschule des Verlags. Einige der Gekündigten wurden von ihr ausgebildet. Viele der Fälle machten sie «sehr zornig», schreibt Kolb.
Jäkel übersehe oder verdränge, «dass die besten und erfolgreichsten Magazine und Zeitungen von Menschen gemacht werden, die sich mit ihrem Blatt identifizieren».
Kolb verweist auf ein internes Papier, demzufolge ausschliesslich schreibende Redaktoren bei «Brigitte» künftig entfallen. «Genauso gut könnte die Lufthansa sagen: `Fliegende Piloten entfallen.`»
Gruner + Jahr will innerhalb der kommenden drei Jahre 75 Millionen Euro einsparen. Die Einsparungen sollen durch eine «signifikante Reduzierung der Sach- und Personalkosten» erreicht werden und alle Bereiche von Gruner + Jahr Deutschland betreffen.
Gruner + Jahr gehört seit dem 1. November 2014 vollständig zu Europas grösstem Medienkonzern Bertelsmann. Die Familie des Verlagsmitgründers John Jahr verkaufte ihre restlichen Anteile von 25,1 Prozent, die sie bislang über die Jahr Holding kontrollierte.
Der Bertelsmann-Konzern, zu dem auch der Fernsehkonzern RTL Group, der weltgrösste Buchverlag Penguin Random House und das Musikrechteunternehmen BMG gehören, ist bereits seit Mitte der 1970er-Jahre Mehrheitseigner von Gruner + Jahr.
Die vollständige Übernahme wertete Bertelsmann-Chef Thomas Rabe als «strategischen Meilenstein zur Stärkung unserer Kerngeschäfte».