Telesuisse und der Verband Schweizer Privatradios klopfen beim Parlament an, «um eine dringende finanzielle Nothilfe» zu erhalten.
Die wirtschaftliche Existenz zahlreicher privater Radio- und Fernsehstationen sei in Kürze akut gefährdet, so die Verbände der privaten elektronischen Medien. Umso störender sei es, dass der Bundesrat an seiner Sitzung vom Donnerstag «die Beiträge für die SRG ab 2021 um 50 Millionen Franken erhöht hat».
Die Werbeeinnahmen seien bei den Privatradios und TV-Stationen zwischen 60 und 90 Prozent eingebrochen. Das Bedürfnis der Bevölkerung nach den Informationsleistungen während der Corona-Pandemie sei enorm. «Seit der Ausrufung der ausserordentlichen Lage haben die Reichweitenwerte der Regionalfernsehen um fast 40% zugenommen (zum Vergleich: SRG-Sender plus 22%), und die Radioprogramme konnten ihre Hördauer ebenfalls steigern», so die Verbände.
Der Verband der Privatradios hatte bereits am 17. März zwölf Millionen Franken als Soforthilfe aus den vorhandenen Serafe-Abgaben gefordert, was in der Branche als etwas dreist empfunden wurde.
Ganz anders bei der SRG, die für 600 Mitarbeitende gar Kurzarbeit beantragt und per Schnellschuss zudem 50 Millionen Franken zugesprochen erhalten hat, da ihre Werbeeinnahmen eingebrochen sind. Nun geraten auch Gewerkschafter in Rage. Das Instrument der Kurzarbeit ist nicht für Firmen gedacht, die kein Konkursrisiko tragen, mahnen auch Arbeitgeberverbände.
Im Gespräch mit dem Klein Report lenkt Grünen-Nationalrat Michael Töngi den Blick bei staatsnahen Betrieben auf den öffentlichen Verkehr, der seit dem Lockdown fast zum Erliegen gekommen ist. «Es gibt Gründe zur Skepsis. Einerseits sehe ich die Kritik der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände: Die Kurzarbeit ist dafür da, Betriebe vor dem Konkurs zu bewahren. Andererseits wird im grossen Bereich des öffentlichen Verkehrs die Kurzarbeit nicht genügen, um die Betriebe finanziell über die Runden zu bringen.»
In Zeiten des Notrechts notabene begründete der Bundesrat die zusätzlichen 50 Millionen für die SRG selber damit, dass die Werberückgänge kompensiert werden müssten. Verkehrte Welt, wenn man den Tweet von SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Bonanomi vom 10. April isoliert liest: «Die Corona-Krise zeigt eben auch mit voller Wucht, wie schwach das Immunsystem derjenigen Medien ist, die sich vorwiegend über Werbegelder finanzieren.»
Die Aussage stammt aus einem Interview mit Vinzenz Wyss in «persönlich.com», wo dieser auf die Systemrelevanz des Journalismus zu sprechen kommt und «wie wir als Gesellschaft einen unabhängigen Journalismus auch finanziell langfristig ermöglichen können», wie der Kommunikationswissenschaftler und Professor für Journalistik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur ausführte.
Offenbar sind aber Werbe- und Sponsoringgelder auch fürs SRG-Immunsystem von Relevanz. Jedenfalls in Notrechtszeiten, wie die Schweizer Regierung zeigt.
Auch über das Notrecht hätte eine Debatte früher einsetzen müssen, so Wyss. Er bezog sich zeitlich aber auf den Beginn der Corona-Krise und die Berichterstattung der Medien darüber. «Dass solche weitreichenden politischen Entscheidungen zwischen einzelnen Experten und der Exekutive im Hinterzimmer verhandelt und dann eher distanzlos an das Publikum vermittelt werden, ist eigentlich ein No-Go.» Wenn die Exekutive dominiere und die parlamentarische Debatte verstumme, müsse der Journalismus besonders wachsam sein.
Der Klein Report hofft, dass sich der eine oder andere Journalist etwas zurücknimmt und nicht permanent Kampagnen in den eigenen oder den sozialen Medien wiederum gegen andere Journalistinnen oder Kommunikationswissenschaftler fährt. So, wie es Vinzenz Wyss ergangen ist, der nach seiner Journalismus-Kritik mit Häme überzogen worden ist.
Die Heldinnen der Zeit sind nämlich andere: Die vielen Pflegerinnen, Ärzte und Betreuerinnen der Covid-19-Patienten. Aber sind sie nicht alle bald wieder vergessen? Ein gratis Dankesapplaus vom Balkon runter war gut, Lobbystimmen in Bern - wie sie die SRG zuhauf hat - für eine ordentliche Gehaltserhöhung wären besser.