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Freitag
18.08.2017

Medien / Publizistik

«Historisch»: Bund und BZ an einem Tisch

«Historisch»: Bund und BZ an einem Tisch

Leckeres Risotto, bequeme Bänke und entspannte Gespräche: Die von den beiden Berner Tageszeitungen «Der Bund» und «Berner Zeitung» angekündigte Protestaktion wirkte von aussen wie ein gemütliches Zusammenkommen alter Freunde. Unter der Beobachtung der medialen Öffentlichkeit protestierten die Journalisten am Donnerstagmittag mit einem Risottoessen gegen einen möglichen Stellenabbau bei Tamedia.

Von einem wütenden Mob waren die über 100 anwesenden Risotto-Verkoster aber weit entfernt. So diskutierten die Berner Medienschaffenden hauptsächlich über alltägliche Dinge, nicht über den allfälligen Verlust ihrer Jobs.

Dies mag daran liegen, dass die Redaktoren bereits seit Mai von den Plänen der Tamedia-Geschäftsleitung wissen und somit auf Nachfrage des Klein Reports zu den Gerüchten um ein Kompetenzzentrum mehr mit zynischem Galgenhumor als mit Entrüstung reagierten.

Jürg Steiner, Präsident der Personalkommission bei der «Berner Zeitung», relativierte diese Wahrnehmung jedoch und verriet dem Klein Report, wie die Stimmung innerhalb der Redaktion wirklich ist: «Die Mitarbeiter der `Berner Zeitung` sind verunsichert. Bei der Arbeit ist ein möglicher Stellenabbau seit Mai ein permanentes Thema.»

Er zeigte sich deshalb auch erfreut darüber, dass sich über 100 Mitarbeitende der beiden Blätter zum Risottoessen getroffen haben. «Die Zusammenarbeit der beiden Konkurrenten `Berner Zeitung` und `Bund` ist ein historisches Ereignis für die Hauptstadt und zeigt, wie sehr uns die Medienvielfalt am Herzen liegt», so Steiner.

Etwas abseits der schlemmenden Gäste beobachtete Tamedia-Kommunikationschef Christoph Zimmer das Geschehen. Auf Nachfrage des Klein Reports beteuerte Zimmer, dass er lediglich aufgrund von Interview-Anfragen von SRF und TeleBärn gekommen sei. Das von der Klein Report-Redaktion als schmackhaft befundene Tomatenrisotto verschmähte er mit der Begründung, er sei nicht eingeladen worden und wolle die Kundgebung der Mitarbeitenden auch nicht stören.

Auf die Frage nach dem Einfluss der Protestaktion auf die Entscheidung der Chefetage blieb Zimmer vage: «Dass die Mitarbeitenden ein solches Projekt kritisch begleiten, kann ich verstehen. Angesichts stark rückläufiger Werbeeinnahmen führt aber kein Weg an der Frage vorbei, wie wir auch in Zukunft mit weniger Einnahmen gute Zeitungen machen können.» Tamedia werde bei der Entscheidung alle Interessen berücksichtigen, auch wenn man sicher nicht alle damit zufriedenstellen könne.

Von den Mitgliedern der Tamedia-Geschäftsleitung fehlte am Donnerstag vor dem Redaktionsgebäude am Berner Dammweg jede Spur. Der Grund: «Auch sie wurden nicht eingeladen», wie Markus Dütschler, Präsident der Personalkommission beim «Bund», dem Klein Report sagte. Man werde die entsprechenden Personen jedoch nach dem Anlass über dessen Sinn und Zweck informieren.