Content:

Montag
28.01.2019

Medien / Publizistik

«Ins aufgerissene Gebiss des Hais gesehen?»

«Ins aufgerissene Gebiss des Hais gesehen?»

Der «Spiegel» hat akribisch die Texte von Claas Relotius abgeklopft. Manche der frisierten oder fiktiven Details hätten die Faktenchecker schon vor Publikation aufdecken müssen. Der Klein Report hat sich Relotius’ «Jäger»-Story näher angeschaut.

28 der total etwa 60 Artikel, die Claas Relotius im «Spiegel» unterbringen konnte, hat das Hamburger Magazin inzwischen selber «verifiziert». Am 24. Januar hat der «Spiegel» weitere Erkenntnisse zum Fall publiziert.

Es sind namentlich drei Register, die der Hochstapler immer wieder zog: Fälschungen, Übertreibungen und frei erfundene Ergänzungen.

So zum Beispiel in seiner im Juni 2018 publizierten «Jäger»-Story über einen US-Amerikaner, der innerhalb von drei Jahren den Angriff einer Klapperschlange, eines Bären und eines Hais überlebte. Über den Protagonisten Dylan McWilliams gibt es viele Artikel und Interviews, die alle deutlich früher publiziert worden sind als Relotius‘ «Spiegel»-Story.

McWilliams selbst reagierte auf eine Anfrage des «Spiegels» nicht. Es gebe jedoch Details, bei denen «einiges darauf hindeutet, dass sie erfunden wurden, um die Geschichte dramatischer und spektakulärer wirken zu lassen», schreibt der «Spiegel».

So vor allem in Relotius’ Beschreibung des Haiangriffs: Es sei «unwahrscheinlich», dass Dylan McWilliams das «aufgerissene Gebiss» des Tieres gesehen und diesem aufs Auge geschlagen habe - wahrlich unwahrscheinlich. Diese Details tauchen in anderen Berichten über den Fall nicht auf.

Unglaubwürdig sei auch, dass McWilliams im Moment des Haiangriffs darüber nachgedacht hat, wie unwahrscheinlich es sei, nacheinander von einer Schlange, einem Bären und einem Hai attackiert zu werden. Und dass McWilliams diese Wahrscheinlichkeiten später selbst ausgerechnet habe - und dabei auf exakt jene Werte gekommen ist, die die Zeitschrift «National Geographic» aus mehreren Quellen recherchiert hat.

Solche schiefen Details hätten die «Spiegel»-Faktenchecker, die den Text vor der Publikation gegenlasen, doch eigentlich skeptisch stimmen müssen - meint man im Rückblick.

Auch der «Spiegel» gesteht ein, dass manche der frisierten oder erfundenen Fakten hätten aufgedeckt werden können.

Claas Relotius selber liess gegenüber dem Magazin von seiner Anwaltskanzlei Unverzagt von Have Rechtsanwälte in Hamburg ausrichten, er sehe sich «bedauerlicherweise nicht in der Lage» auf Fragen zu den überprüften Texten zu antworten.