In einem Artikel zur Finanzierung des Abstimmungskampfes zur zweiten Gotthardröhre zitiert der «Blick» eine Gegnerin der Initiative mit den Worten, dass die Befürworter ein Budget von «gegen zehn Millionen Franken» hätten.
Diese Zahl bezeichnet Martin A. Senn, stellvertretender Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbandes, als «lächerlich und absurd» und forderte von der Zeitung deshalb die Löschung des Artikels. Da dies bisher nicht geschehen ist, behält sich der Verband rechtliche Schritte vor, wie Senn am Mittwoch gegenüber dem Klein Report verrät.
Den Stein ins Rollen brachte der Artikel «die Millionenschlacht um den Gotthard», den der «Blick» am Freitag, 19. Februar in seiner Printausgabe und am darauffolgenden Samstag online veröffentlichte. Darin gehen die Journalisten der Frage nach, woher die Befürworter der zweiten Gotthardröhre die Mittel für ihre Wahlkampagne haben.
Sie lassen unter anderem VCS-Co-Geschäftsführerin Caroline Beglinger zu Wort kommen, die sagt, dass die Befürworter ein Budget von «gegen zehn Millionen Franken» zur Verfügung hätten. Die Gegner jedoch müssten mit nur rund 1,5 Millionen auskommen. Zitiert wird auch Bernhard Salzmann, Kommunikationsleiter des Schweizerischen Gewerbeverbandes, der die Zahl als «absurd» zurückweist.
Trotzdem stösst Martin A. Senn die Veröffentlichung der «falschen Tatsachenbehauptung» von Beglinger sauer auf: «Diese Zahl ist lächerlich, absurd, fern ab von allem und widerspricht jeglichem Menschenverstand», sagt er gegenüber dem Klein Report.
Er sei sich bewusst, dass der «Blick» diese Behauptungen nicht selbst aufstelle, sondern zitiere. Für ihn sei jedoch gerade bei solch wichtigen Fakten eine «minimale Plausibilitätskontrolle» von Seiten der Journalisten Pflicht. So verweist er auf die Werbemarktdaten von Media Focus, die zwei Tage vor Erscheinen des «Blick»-Artikels auch im Klein Report veröffentlicht wurden: Diese zeigen, dass die Befürworter in puncto Werbung mit 55 Prozent der aufgeworfenen Werbefranken nur knapp vor den Gegner liegen würden.
Senn findet deshalb: «Es darf nicht alles erlaubt sein, was Fakten betrifft. Ich finde immer irgendjemanden, der etwas behauptet.» Der Schweizerische Baumeisterverband forderte die Verantwortlichen des «Blicks» deshalb am Montag dazu auf, den Artikel von ihrer Webseite zu entfernen. Ohne Erfolg: Der Artikel bleibt beim Medium online abrufbar.
Gegenüber dem Klein Report erklärt sich Edi Estermann, Chief Communications Officer CCO der Ringier AG, und bezeichnet den Artikel als «ausgewogen abgefasst». «Der vom VCS schliesslich geschätzte Betrag von zehn Millionen wird im Artikel vom Gewerbeverband als `absurd` bezeichnet und somit relativiert», kontert er die Kritik von Senn. Beide Seiten würden zu Wort kommen, am Artikel sei handwerklich nichts auszusetzen und es gäbe somit keinen Grund, ihn offline zu nehmen.
Martin A. Senn, bekennender Befürworter der Initiative zur zweiten Gotthardröhre, unterstellt dem «Blick» eine politische Intention. Er bezeichnet das Blatt als klaren Gegner der Vorlage, woran er jedoch nichts auszusetzen habe. «Doch der `Blick` darf seine Meinung nicht hinter miserablem Journalismus verstecken», sagt er dem Klein Report weiter.
Ein anderer Stein des Anstosses im Zwist zwischen dem Baumeisterverband und dem «Blick» war die Bebilderung des Artikels. Denn obwohl im besagten Artikel VCS-Co-Geschäftsführerin Caroline Beglinger, Gewerbeverband-Kommunikationsleiter Bernhard Salzmann, Infra-Suisse-Geschäftsführer Matthias Forster und Politologe Laurent Bernhard zu Wort kommen, aber niemand vom Baumeisterverband, wurde der Beitrag mit einem Porträtbild des Zentralpräsidenten der Baumeister bebildert.
Der abgebildete Gian-Luca Lardi wurde vom «Blick» kurzerhand zum «Infra-Suisse-Chef Matthias Forster» umgetauft. Der Fehler blieb nicht lange unentdeckt: Noch am Samstag schrieb «Blick»-Leser Oswald: «Wird da auf dem Bild Matthias Forster nicht zufällig mit Gian-Luca Lardi verwechselt?» Leserin Marie-Luise Reck stimmte ihm umgehend zu: «Sie haben recht, es ist Herr Lardi (FDP), Bauunternehmer und Zentralpräsident des Bauunternehmerverbandes.»
Die Blick-Online-Redaktion schaltete die beiden Leserkommentare frei, doch das falsche Bild blieb weiter online. «Erst nachdem wir uns am Montagnachmittag beim `Blick` über das falsche Bild beschwert haben, wurde es endlich entfernt», erklärte Martin A. Senn.