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Mittwoch
17.12.2014

Medien / Publizistik

Etienne-Jornod-NZZ-Klein-Report

«Es sind noch keine Entscheidungen gefallen - weder über die künftige Struktur der publizistischen Leitung noch über einzelne Personen», so die Nicht-Information von NZZ-Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod zur Nachfolge von NZZ- Chefredaktor Markus Spillmann.

Mit seiner Stellungnahme vom 15. Dezember versucht der Verwaltungsratspräsident den Gerüchten den Wind aus den Segeln zu nehmen, die er nota bene selbst verursacht hat: «Der Verwaltungsrat bedauert, dass es zum Auswahlverfahren in den vergangen Tagen zu öffentlichen Spekulationen gekommen ist, und wird sich nicht an diesen beteiligen.»

Dabei waren es gerade diese Informationen, dass der Verleger und Chefredaktor der «Basler Zeitung» Markus Somm Nachfolger von Markus Spillmann als NZZ-Chefredaktor werden könnte, keine Gerüchte, sondern mehr als harte Fakten. Somm informierte die Öffentlichkeit am Montag selber darüber, dass er Gespräche mit dem NZZ-Verwaltungsrat geführt habe. Nach reiflicher Überlegung habe er sich aber entschlossen, bei der «Basler Zeitung» zu bleiben.

Etienne Jornod, der absolut unkommunikativ und hochgradig laienhaft agiert, meint: «Sobald die Nachfolge feststeht, werden wir die Öffentlichkeit informieren. Vorher wird der Verwaltungsrat nicht zu einzelnen Kandidaten Stellung nehmen.» Eine Absurdität bei einem Weltblatt in seinem 235. Jahrgang.

Der Verwaltungsrat, so Jornod in seiner Stellungnahme, sei daran, «eine Reihe von Kandidaten für die Rolle des Chefredaktors zu evaluieren». Man beachte das generische Maskulin, sofern es denn generisch sein sollte, denn im nächsten Satz wird auch die weibliche Form verwendet: «Darüber sind wir auch im Dialog mit wichtigen Exponentinnen und Exponenten aus der NZZ-Redaktion.» Der Klein Report findet: Das klingt, als dürften Frauen zwar mitreden, wer Spillmanns Nachfolger wird, selbst aber nicht auf den Job hoffen.

Es gehe darum, eine starke und unabhängige Persönlichkeit zu finden, deren publizistische Ausstrahlung unbestritten sei, fasst Jornod die Anforderungen an mögliche Kandidaten für die Chefredaktion zusammen. Diese Fähigkeiten werden Spillmann, der so kurzfristig gehen musste, offenbar nicht zugeschrieben.

Der NZZ-Verwaltungsrat hat mit seiner plötzlichen Trennung von Markus Spillmann eine Lawine erster Güte losgetreten, die er mit Sicherheit nicht mehr unter Kontrolle bekommt, meint der Klein Report. Der bald ehemalige NZZ-Chefredaktor Spillmann hat sich nach heutigem Wissen nichts zuschulden kommen lassen, was einen so raschen und emotionalen Abgang in irgendeiner Form rechtfertigen würde. Chaos totalos!

Die ganze Aufregung um Spillmann schiebt Jornod nun den öffentlichen Spekulationen zu und versucht damit von den Ereignissen innerhalb des Zürcher Medienhauses abzulenken. Die NZZ ist in ihrer Grundstruktur paradoxerweise fast genossenschaflich strukturiert. Verwaltungsratspräsident Jornod hat nichts verstanden: Die NZZ wie eine AG zu führen, ist der sichere Tod.