Am Montag fällt für den Schweizer Film eine wichtige Klappe: Die Kulturkommission des Nationalrats verhandelt über ein neues Gesetz, das dem einheimischen Filmschaffen mehr Geld zur Verfügung stellen soll.
Kulturminister Alain Berset will dazu Streamingdienste, Schweizer Privatsender sowie Kabelnetzbetreiber mit einer Abgabe belasten.
Mit der neuen «Lex Netflix» sollen die grossen US-Streamingdienste wie Netflix, Google Play, Disney und Apple TV verpflichtet werden, in Schweizer Filme zu investieren. Es geht um vier Prozent ihres lokalen Umsatzes. Das könnte jährlich sechs Millionen Franken in die Kassen der Schweizer Filmproduzenten streamen. Das sind fast 20 Prozent der eidgenössischen Filmförderung.
Der Vorlage droht jedoch ein Absturz, wie der «Tages-Anzeiger» herausgefunden hat. Nicht wegen Netflix. Beim Streamingdienst fände man die Idee gar nicht so schlecht, habe Ivo Kummer, Filmchef beim Bundesamt für Kultur, in einem Gespräch mit Netflix erfahren können. Dort werte man die Schweizer Lösung mit einem Mitspracherecht bei der Förderung liberaler als zum Beispiel in Deutschland oder Frankreich, wo die Zwangsabgabe für Netflix bereits Realität ist.
Opposition droht aber schon länger auch von Swisscom, UPC oder Teleboy. Diese würden wegen ihren Video-on-Demand-Angeboten ebenfalls zur Kasse gebeten.
Anders als bei den Grossen aus den USA könnte man dort die Abgabe nicht so leicht verschmerzen. «Es besteht die Gefahr, dass man die Innovation von Schweizer Unternehmen erstickt, weil man die grossen amerikanischen Unternehmen zur Filmförderung zwingen will», warnt Alexander Schmid, Geschäftsführer des Branchenverbandes Swissstream, dem auch Swisscom und Sunrise angehören.
Das heisst konkret: Wenn die einheimischen Streaming-Angebote zu stark belastet werden, müssten einige aufgeben. Was ironischerweise gerade wieder die Macht von Netflix stärken könnte.
Ebenso die privaten TV-Sender in der Schweiz lobbyieren gegen das neue Gesetz. Die Abgabe würde die Privatsender in ihrer Existenz gefährden, fürchtet Roger Elsener, TV-Chef bei CH Media.
In der 25-köpfigen Kulturkommission wird diese Befürchtung vor allem im bürgerlichen Lager geteilt. Ein Befürworter in der Kommission ist hingegen SP-Nationalrat Matthias Aebischer. Für den Cinésuisse-Präsidenten könnte das Gesetz dazu führen, dass «mehr Swissness» auf die Bildschirme von Netflix und Konsorten komme.
Tatsächlich haben es ein paar Schweizer Filme bereits einmal auf Netflix geschafft. Allerdings ausschliesslich Streifen, die auch schon im Kino ein grosses Publikum anziehen konnten. «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» von Michael Steiner nach dem Bestseller von Thomas Meyer ist in den erlauchten Kreis der Netflix-Filme aufgenommen worden.
Dies dank der Vermittlung von Marc Schmidheinys DCM Filmproduktion in Berlin, die einen Draht zu Netflix hat. Ebenfalls auf Netflix gestreamt wird «Die göttliche Ordnung» von Petra Volpe oder «Mario», die Story mit dem Coming-out eines Fussballers von Marcel Gisler. Dazu internationale Koproduktionen wie «Nachtzug nach Lissabon» von der Zürcher C-Films oder Bettina Oberlis «Tannöd». Und auch «Der Bestatter» war eine Zeitlang auf Netflix zu sehen.
Mehr Schweizer Werke findet man gegen Bezahlung auf den Streaming-Portalen artfilm.ch, myfilm.ch, cinefile.ch oder auch cinematheque.ch.
Keine Freunde für die neue Abgabe finden sich unter den Kommentarschreibenden von «20 Minuten». Von über 80 Kommentaren haben sich zu einem Artikel am Wochenende gerade etwa zwei positiv geäussert. Einer meinte, mit «Bauer, ledig, sucht» hätten wir «bereits genug Schweizer Filmkultur» auf unseren privaten Sendern.