Zweimal im Jahr streichen sich einige Showbiz-Cracks von einst ein Datum dick in ihrer Agenda an: Dino-Treff. Dino deshalb, weil sich die Dinosaurier des helvetischen Musikgeschäfts zum Lunch im Zürcher Fifa-Restaurant Sonnenberg treffen. Kürzlich fand das Dino-Meeting bereits zum 25. Mal statt.
Dabei hatte es einst völlig spontan begonnen, bei einer Einladung von Pierre F. Haesler in den Gourmettempel «Wirtschaft zum Wiesengrund» bei 18-Punkte-Koch Hans-Peter Hussong in Uetikon am See (2 Michelin-Sterne, Gault-Millau-«Koch des Jahres 2000»).
Weil es so lustig war und man gar nicht fertig wurde mit dem Erzählen von Anekdoten aus vergangenen Jahrzehnten, machte man einen weiteren Termin ab und dann noch einen und so weiter. Der erlauchte Kreis wuchs langsam, aber stetig an. Aufnahmekriterien: einstimmig! Irgendwann mal eine Chefposition in der Musikbranche innegehabt zu haben.
«Produced by Teddy Meier», stand auf den ersten Hitsingles der Schweizer Beatles Les Sauterelles. Die Beatband um Toni Vescoli stand in den 1960er-Jahren beim Plattenmulti EMI unter Vertrag und Teddy Meier war nicht nur Plattenproduzent, sondern vor allem äusserst rühriger Promotionsmanager, A&R-Mann und Marketingchef, quasi ein Pionier auf diesem Gebiet. Deutsch und deutlich: Teddy hat die Plattenpromotion erfunden.
Zwei seiner Mitarbeiter aus EMI-Zeiten haben später ebenfalls Karriere gemacht. Hans-Ueli Hasler schaffte es über Stationen als Marketingmann für Produkte von Warner Brothers Records bei der Zürcher Plattenfirma Musikvertrieb und Marketing-Leiter von Atari Hamburg bis zum Schweizer Chef von Warner Film und Warner Home Video. Ein anderer Ex-Meier-Adlatus ist Andreas «Andy» Knecht. Sein Palmarès ist bei der einstigen CBS, heute Sony Music, zu erfahren, wo er als A&R-Verantwortlicher national und international die verschiedensten Künstler unter Vertrag nahm und förderte.
Der bereits erwähnte Pierre F. Haesler gründete Anfang 1970er-Jahre die erste und bisher einzige Schweizer Musikzeitung, «Musik Scene», die - ähnlich den englischen Vorbildern «Melody Maker» und «New Musical Express» - ausführlich und anspruchsvoll über Pop, Rock und Jazz berichtete.
Der Winterthurer Peter Frei kaufte nach diversen Stationen, unter anderem bei Poly Gram Schweiz und Toshiba, die Winterthurer Independent-Plattenfirma Phonag, die grosse internationale Labels im Vertrieb hatte und sich auch intensiv um Schweizer Künstler kümmerte.
Jürg «Chügi» Hofmann leitete bis zu seiner Pensionierung als Nachfolger von Hans-Ueli Hasler die Firma Warner Home Video. Nebenbei amtet Chügi als Präsident des FC Blue Stars und organisiert mit einem Freiwilligenteam das dieses Jahr über Himmelfahrt bereits zum 77. Mal stattfindende grösste Fussball-Nachwuchsturnier der Welt, den Blue Stars/Fifa Youth Cup.
Ein Ex-Blue-Stars-Fussballer ist auch Christian «Chris» Wepfer, der wie Chügi seine Sporen beim Musikvertrieb als Warner Brothers-Verantwortlicher abverdiente, bevor er die neu gegründete Schweizer Niederlassung Warner Music viele Jahre leitete. Heute ist Chris Chef von PhonoNet und MPN, der Rechercheplattform Music Promotion Network für Journalisten und Radiostationen.
Marco Zanotta (als Managing Director) und Bruno Huber (als dessen Vize und A&R-Chef) leiteten jahrelang die Schweizer Niederlassung der Plattenfirma BMG Ariola aus dem Bertelsmann Verlag. Dabei entdeckten und förderten sie die grössten Schweizer Bands, von Gotthard bis Patent Ochsner, von Krokus bis Florian Ast, Marc Sway, Mia Aegerter und viele mehr.
Victor Pelli ist nicht nur Mit-Entdecker und erster Produzent von Kliby & Caroline (zusammen mit deren Manager Claus Scherer...), sondern er leistete in den 1960er-Jahren in Baden Pionierarbeit, indem er die erste Schweizer Boygroup managte, die Angels. Über langjährige Stationen bei Poly Gram und Phonag arbeitet Pelli heute mit seiner Pelli Productions unter anderem für Marco Rima und den Oltener Weltbild Verlag.
Max Gfeller und Rolf Sommer sorgten in ihren ersten Musikjobs bei der Horgener Plattenfirma Metronome für grosse Erfolge mit nationalem und internationalem Repertoire. Beide wechselten später zu Poly Gram. Gfeller als Verkaufsdirektor und Verwaltungsrat und gleichzeitig als Direktor der Barclay/Poly Gram Genf, Sommer im Marketing.
Louis Faucherre zeichnete als Vize-Chef, später als Betriebsleiter der Klotener Super-Disco «Blackout» in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren mitverantwortlich für grosse Aktivitäten mit der Plattenindustrie und internationalen Superstars.
Der ehemalige St. Galler Lehrer Hugo Mauchle wurde in den frühen 1970er-Jahren quasi über Nacht von seinen Bandkollegen zum Profimusiker «gezwungen». Mit den Bands Country Five, später Cockpit, sorgten sie in den Nachtclubs der ganzen Schweiz für die richtige Tanzmusik. Nach seiner Musikerlaufbahn wurde Mauchle Gastroverantwortlicher beim Freddy Burger Management, danach Vizedirektor im Zürcher Hallenstadion. Nebenbei arbeitet der Manager von Marc Sway weiterhin für die grösste Konzerthalle des Landes wie auch für die Konzertagentur Good News.
Hallenstadion und Good News waren über Jahrzehnte auch Betätigungsfelder von H. Elias Fröhlich. Als Chefredaktor von «Pop» und «Pop/Rocky» (1970 bis 1985) und als Musikverantwortlicher des «Blicks» (1988 bis 2006) war das Hallenstadion quasi sein zweites Wohnzimmer und Good News mit den vielen Stars- und Superstarskonzerten der wichtigste Inputgeber. Fröhlich pushte zusammen mit Jürg Marquard «Pop/Rocky» zur Nr. 2 im deutschen Jugendmarkt hinter der «Bravo» hoch.
Bei «Blick» führte Fröhlich neben der freitäglichen Pop&Rock-Doppelseite den «Open-Air-Führer» ein, der in seinem besten Jahr 1,07 Millionen Franken brutto, sprich: 770 000 Franken netto machte - an einem einzigen Tag. Nach anderthalb Jahren Pension holte Ringier Fröhlich zurück. Seit 1. September letzten Jahres arbeitet er wieder zu 80 Prozent, vier Tage die Woche, für die sehr erfolgreiche «GlücksPost», für die er bereits bis zu seiner Pensionierung 2012 sechs Jahre hauptamtlich tätig war.
Mit Louis Spillmann schliesst sich der Kreis. Als Spillmann Anfang 1970er-Jahre bei Phonogram Schlieren als Promotion Manager begann, lag die Schweizer Plattenindustrie - abgesehen von EMI und Musikvertrieb - im Dornröschenschlaf. Dann kam Louis und mischte das Geschäft auf. Seine helvetischen Grosstaten wie die Verpflichtung von Rumpelstilz blieben den obersten Bossen des Konzerns nicht verborgen, Spillmann wurde in die Philips-Zentrale ins holländische Baarn gerufen und zur Betreuung internationaler Top-Shots eingesetzt.
Danach wurde er zum Chef der deutschen Phonogram in Hamburg ernannt. Dort baute er auf Bands wie Status Quo, Dire Straits, die in Europa noch unbekannten Bon Jovi, Metallica, Slayer, Jethro Tull, Black Sabbath und viele andere. Louis` Plus: Als Managing Director ging er mit seinen Künstlern in den Ausgang. Aus exzellenten persönlichen Beziehungen wurden enge Freundschaften wie etwa zu Metallica-Drummer Lars Ulrich. Jon Bon Jovi nannte sein drittes Kind Jesse James Louis.
Zwei Dino-Mitglieder sind bereits verstorben. Roy Cortell, Ex-EMI- und Ex-PolyGram-Hans-Dampf-in-allen-Gassen und zuletzt Produzent der schottischen Hardrock-Legende Nazareth («Love Hurts»), sowie Musik-Journalisten-Urgestein Willy G. Kern. Die meisten derer, die sich 2015 im Sonnenberg trafen, erfreuen sich guter Gesundheit, kleinere Altersgebresten inklusive. Die Jüngsten sind Jahrgang 1951.