Die Zensur beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) scheint vorbei zu sein: Am Montag, 28. Mai 2018, gab es im «Info 3», im «Echo der Zeit» und im «Regionaljournal Bern Fribourg Wallis» Berichte über den Widerstand von verschiedenen Politikern in Bern und Region über die Umzugspläne der SRG. Auch die TV-Redaktion von «Schweiz aktuell» durfte nach einer internen Zensur endlich über das Thema berichten.
Doch wie kam es dazu, dass die Schweizer Bevölkerung nun das erste Mal auch via die SRF-Sender über die möglichen Umzugspläne der SRG informiert wurde? Laut Informationen des Klein Reports haben die Radio-Journalistinnen und -Journalisten der Inland- und Regionalredaktion das Thema bei einer Sitzung vorgeschlagen. «Wir erhielten eine Einladung für die Medienkonferenz der Berner Regierung. Wir empfanden es als die Möglichkeit, jetzt endlich auch über dieses wichtige Thema zu berichten», sagt eine Radiojournalistin gegenüber dem Klein Report.
Und siehe da, plötzlich erhielten die Redaktionen das Go für eine Berichterstattung von der Radio-Chefredaktion. «Wir bekamen allerdings die Vorgabe, ganz sachlich und nüchtern über den Fall zu berichten, analog zu Beiträgen über die `No Billag`-Initiative.» Zudem gab es die Auflage, dass auch die SRG zu Wort kommen müsse. Was für die Redaktion eh klar war.
Im Radio-Beitrag «Öffentlicher Einsatz für Radiostudio Bern» war das Verhältnis der Gegner des Umzugs gegenüber der SRG aber etwas unausgeglichen. Das heisst, es kamen mehr Pro-Bern-Stimmen zu Wort. Ein befragter Journalist bestätigt: «Ja, wir haben nicht wie bei der `No Billag`-Initiative die Sekunden gezählt, was zum Glück aber zu keinen Diskussionen mit der Chefredaktion führte.» Dies, obwohl bei diesem Beitrag für einmal das Vier-Ohren-Prinzip galt. Normalerweise hören sich Beiträge nur zwei Ohren an, das heisst, die Beiträge werden nur von einer Person gecheckt, bevor sie live gehen.
Dass die Redaktionen bei SRF nun wieder frei über die Umzugs-Causa berichten dürfen, bezeichnen die vom Klein Report befragten Journis als «gutes Zeichen nach innen und aussen». «Ich glaube, dass unsere Chefs gemerkt haben, dass wir über den Fall berichten müssen», sagt ein langjähriger Radiomitarbeiter. Die Radioleitung habe versucht, mit diesem Schritt auf die aufgebrachte Redaktion zuzukommen.
«Die Leute von der Chefredaktion, die am Anfang vehement für einen Umzug von Bern nach Zürich waren, sind heute etwas leiser», sagt eine Journalistin. Man höre die eine oder andere Person sagen, dass so ein Umzug inklusive der täglichen Pendelei von Bern nach Zürich und zurück als Privatperson tatsächlich sehr mühsam sein könne.
«Ich glaube, dass hier etwas im Tun ist», stellt ein Kollege fest. «Ich denke, die nehmen unsere Kritik nun etwas ernster, auch wenn sie immer wieder betonen, dass sie als Chef oder Mitglied der Chefredaktion weiterhin hinter der geplanten Züglete stehen würden.» Dass Radio SRF nun über die Medienkonferenz der Berner Regierung berichten durfte, sieht ein anderer Kollege als Mittel der Chefredaktion, um sich in der Öffentlichkeit wieder reinzuwaschen.
Ob die Zuhörerinnen und Zuhörer von Radio SRF nun mehr solche Beiträge erwarten dürfen, möchte der Klein Report noch wissen. «Ich glaube nicht, dass wir weitere Berichte oder eigene Recherchen über den geplanten Umzug machen können, so wie es der Klein Report, der `Bund`, die `Berner Zeitung` oder andere private Medien machen», so ein Redaktionsmitarbeiter. Man müsse das vielleicht einmal austesten, so der Redaktor weiter. «Ich habe aber das Gefühl, dass wir erst wieder darüber berichten werden, sobald der Verwaltungsrat der SRG über den Umzug entschieden hat, vorher eher nicht.»