Der Publizist Alex Bänninger hat einen bemerkenswerten Kommentar zur Schweizer Filmförderung geschrieben.
Unter dem Titel «Wissenslücken und Beratungsresistenz: Das Bundesamt für Kultur fördert die falschen Filme», hat er dabei sprachlich mit dem Florett, inhaltlich aber mit dem Zweihänder gegen die Förderungsgremien in der «Schweiz am Wochenende» ausgeholt.
Mangelnde Fachkompetenz kann man ihm dabei nicht vorwerfen. Alex Bänninger war 1970 bis 1984 selber Chef der Sektion Film im Bundesamt für Kultur (BAK), bevor er als Kulturchef zum Schweizer Fernsehen wechselte. Dort wirkte er bis 1993. Seither ist er selbständiger Publizist.
In der Schweiz gibt es drei Stützen der Filmförderung: der Bund, die SRG und die Zürcher Filmstiftung. Zwei davon muss ein Produzent mit an Bord wissen, sonst kann er sein Projekt vergessen. Oder wie es Bänninger dramatisiert: Der Traum muss zum finanziellen Albtraum werden. «Insofern ist der unabhängige Schweizer Film eine Fiktion.»
In Bänningers Analyse gibt es in unserem Land zweierlei Filmschaffende: «Jene, die ihre Unabhängigkeit verloren haben, und jene, die den Verlust noch nicht bemerkt haben.»
Der Publizist hat 67 Begründungen untersucht, mit welchen beim Bundesamt für Kultur ein Filmprojekt abgelehnt worden ist. Bänninger kommt dabei zum Schluss: «Von einer Lotterie zu sprechen, wäre zu harmlos. Eine Lotterie folgt Regeln, das BAK nicht. »
Die Filmförderung des Bundes nennt sieben Kriterien, nach denen ein Projekt zu prüfen ist. Das können Drehbuch, Projektreife, Auswertungspläne oder Budget sein. Bänninger stört sich vor allem daran, dass die Experten nur auf den nüchternen Buchstaben im Drehbuch achten und nicht darüber hinaus denken, wie emotional das einmal in einem fertigen Film mit all seinen künstlerischen Zutaten wirken könnte.
Bänninger stört sich auch daran, dass die Prüfenden sich bei der Drehbuch-Lektüre viel zu gerne selber als «Gelegenheitsautoren» versuchen. Solche glauben es jeweils besser zu wissen, wie man eine Story auch noch und natürlich viel intelligenter angehen könnte.
Auch könne ein Film für die Jury nie «dramatisiert» genug sein. Filmschaffende, die konventionell gestalten oder episodisch erzählen, laufen bei den Experten ins Messer. «Ernsthaft muss es sein und formal neu.»
Ergänzt wird der Artikel von Fredi M. Murer. Dieser beschreibt, wie sich die Eingaben für eine Förderung verändert haben. So habe er 1984 für seinen mehrfach zum «besten Schweizer Film aller Zeiten» gewählten Erfolg «Höhenfeuer» noch eine 15-seitige Filmerzählung einreichen können, um an das nötige Geld zu kommen. «Für den gleichen Film müsste ich heute ein marktrelevantes Drehbuch und ein 100-seitiges Produktionsdossier, inklusive ärztliches Zeugnis, vorlegen.»
Abspann: Den Zuschlag bekommen also nicht mehr die besten Ideen, sondern die begabtesten Gesuchsteller.