Im «Snippets»-Streit mit Google sind die deutschen Verleger vor dem EU-Gerichtshof abgeblitzt. Das vor sechs Jahren eingeführte Leistungsschutzrecht sei aus Formgründen «nicht anwendbar». Jetzt hoffen die Verlage auf die neue europäische Regelung.
«Die deutsche Regelung, die es Suchmaschinen untersagt, Presse-Snippets ohne Genehmigung des Verlegers zu verwenden, ist mangels vorheriger Übermittlung an die EU-Kommission nicht anwendbar», schreibt der Gerichtshof der Europäischen Union in einer Presseinformation vom Donnerstag.
Bei der 2013 in Deutschland eingeführten Regelung handle es sich um eine «technische Vorschrift», die von der EU-Kommission hätte «notifiziert» werden müssen. Das hatte die Bundesregierung 2013 aber nicht getan.
Der Zwist zwischen Google und den deutschen Verlegern zieht sich seit Jahren dahin: Die deutsche Urheberrechts-Verwertungsgesellschaft VG Media hatte vor dem Landgericht Berlin von Google Schadenersatz eingefordert, weil die Suchmaschine Textanrisse («Snippets») von Presseartikeln publiziert, ohne die Verlage zu entschädigen. Laut Presseberichten forderte die Verwertungsgesellschaft rückwirkend über 1,2 Milliarden Euro von Google.
Dies, nachdem im Dezember 2015 die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt als erstes Gremium entschieden hatte, dass das Leistungsschutzrecht auf den US-Datenkonzern aus Mountainview anwendbar ist.
Doch der Streit ging weiter vor dem Berliner Landgericht, das im Mai 2017 schliesslich seine Zweifel äusserte, ob sich VG Media gegenüber Google auf das Leistungsschutzrecht berufen könne, das im August 2013 in Deutschland in Kraft getreten war. Auf Einwand Googles hin schob das Berliner Gericht die Frage weiter an den EU-Gerichtshof.
Obwohl die Regelung inhaltlich eigentlich sitzt: Sie verbietet den «gewerblichen Betreibern von Suchmaschinen», Presseerzeugnisse oder Teile davon öffentlich zugänglich zu machen. Das Verbot gilt auch für «gewerblichen Anbietern von Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten», also News-Aggregatoren.
Doch der Zweifel des Berliner Gerichts bezog sich nur aufs Formale: Es wollte vom EU-Gerichtshof wissen, ob die strittige Regelung eine «technische Vorschrift» im Sinne des EU-Rechts darstellt. Solche Vorschriften muss die EU-Kommission absegnen.
Mit seinem Urteil hat dies der höchste Gerichtshof der EU am Donnerstag nun bejaht. Damit steht fest, dass das deutsche Leistungsschutzrecht aus Formgründen doch nicht nicht auf Google anwendbar ist.
Irritiert reagierte der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Das Urteil des EU-Gerichtshof stehe im Gegensatz zur Einschätzung der Bundesregierung, weiterer Mitgliedsstaaten und selbst der betroffenen EU-Kommission: Alle hätten sie eine «Notifizierung» als nicht notwendig erachtet.
Fast sechs Jahre nach Inkrafttreten des deutschen Leistungsschutzrechts «warten Verlage und Redaktionen immer noch darauf, dass Google und andere digitale Plattformen für die unstreitige Verwertung der Verleger- und Urheberrechte endlich zahlen», empörten sich die Verleger.
Nun müsse der Gesetzgeber vorwärts machen und dafür sorgen, dass das neue europäische Presseleistungsschutzrecht in Deutschland «zügig und eindeutig vorab» umgesetzt werde.
Diese im März 2019 von der EU beschlossene Regelung ist laut VG Media «zugunsten der Verleger weitgehender und robuster» als die deutsche Regelung von 2013. Die Forderung nach einer rückwirkenden Entschädigung der letzten Jahr müssen sich die deutschen Verleger nun aber ans Bein streichen.