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Sonntag
14.08.2016

Medien / Publizistik

Ein Kommen und Gehen in der Chefetage

Ein Kommen und Gehen in der Chefetage

Und wieder ist mit Wolfgang Büchner ein Deutscher bei Ringier gescheitert. Nach nur einem Jahr als Geschäftsführer der «Blick»-Gruppe wirft der ehemalige Spiegel-Online-Chef den Bettel hin, nachdem seine Vorstellungen vom Newsroom bei Ringier von der Teppichetage nicht länger unterstützt wurden.

Büchner reiht sich in eine lange Reihe von deutschen Journalisten ein - alle in Führungspositionen, die mit grossen Vorschusslorbeeren gekommen sind und letztlich kläglich bei Ringier gescheitert sind.

Dazu gehören Mathias Nolte, der 2001 ebenfalls als Heilsbringer eingeführt wurde und zusammen mit Ralph Grosse-Bley und dessen Frau Alexandra Würzbach mit der «Borer-Affäre» für den Super-Gau im Hause Ringier sorgte. Das Trio behauptete im «SonntagsBlick» ohne stichhaltige Beweise zu besitzen, dass der damalige Schweizer Botschafter in Berlin, Thomas Borer, eine sexuelle Beziehung zu der Berliner Verkäuferin Djamila Rowe unterhalten würde.

Die Lügengeschichte war von Ringier oder besser gesagt vor allem von Frank A. Meyer inszeniert und lanciert worden, und zwar mit dem einzigen Ziel, den Botschafter zu stürzen. Sie kostete den Diplomaten tatsächlich seinen Job. Dieser wusste sich aber an Ringier zu rächen, drohte mit einem Mega-Gerichtsverfahren in den USA und erhielt schliesslich 10 Millionen Franken Schmerzensgeld.

Nolte, Grosse-Bley und Würzbach räumten freiwillig ihre Pulte. Frank A. Meyer, das journalistische Gewissen von Ringier, zog sich vorübergehend ins Privatleben zurück.

Während in anderen Medienhäusern ein Mann wie Ralph Grosse-Bley Hausverbot auf Lebzeiten erhalten würde, stolzierte dieser durch die Vordertüre wieder ins Pressehaus herein und wurde 2010 schliesslich sogar Chefredaktor des «Blick».

Viele bei Ringier schüttelten damals den Kopf und fragten sich, warum Verleger Michael Ringier dem Deutschen abermals sein Vertrauen schenkte.

Ralph Grosse-Bley zeigte sich nicht etwa geläutert. Sein rigider und arroganter Führungsstil als Chefredaktor beim «Blick» war legendär. Er wurde schliesslich 2013 abgesetzt, um sich mit einer Firma selbstständig zu machen, die fast nur von Aufträgen von Ringier lebt.

Auch Carsten Witzmann, Chefredaktor des «SonntagsBlick» zwischen 2010 und 2012, ist letztlich an seiner Arroganz gescheitert. Wen er mochte, hat er angetrieben, wen er aber nicht mochte, wurde regelrecht gemobbt. Wie Janine Urech, die Magazin-Chefin, die letztlich entnervt das Handtuch warf und zu «Glanz&Gloria» flüchtete.

Auch Michael Voss gehört zu den Gescheiterten: Der Deutsche kam 2011 als CEO Publishing und Entertainment sowie Mitglied des Group Executive Boards zu Ringier und verliess das Unternehmen 2015. Die Trennung erfolgte angeblich in gegenseitigem Einvernehmen.

Bei Ringier kursierten aber damals Gerüchte, dass Voss luxuriöse Geschenke für Bekannte als Spesenrechnungen abgerechnet hatte, was natürlich für Unbehagen auf der Teppichetage sorgte.

Und nun also Büchner. Er hat weder einen Super-Gau verursacht, noch ist er über eine dubiose Spesenrechnung gestolpert. Nein, Büchner ist ganz einfach an seinen persönlichen Vorstellungen eines Newsroom für alle, also «Blick», blick.ch, «Blick am Abend» und «SonntagsBlick», gescheitert.

Und nachdem Christian Dorer, der designierte Chefredaktor des «SonntagsBlick», gefordert hat, dass der «SoBli» unter seiner Führung weiterhin eine eigenständige Redaktion bleiben müsse, waren Büchners Tage eh gezählt.

Büchner geht nun nach Deutschland zurück und wird fortan bei der Madsack-Mediengruppe seine ambitionierten Vorstellungen umsetzen.

Wetten, dass Frank A. Meyer, der im Hause Ringier für die Akquise der deutschen Journalisten zuständig ist, garantiert wieder jemanden im «grossen Kanton» findet, der unbedingt mal in der schönen Schweiz arbeiten möchte?

Zwei wichtige Voraussetzungen muss der Deutsche allerdings mitbringen: Eine unbändige Lust auf möglichst viele «Fränkli» haben und vor allem darf er keine Kenntnisse der Schweizer Polit- und Medienszene mitbringen.