Jene, die sich um journalistische Qualität kümmern, können Erfreuliches und Unerfreuliches berichten. Unerfreulich ist, dass der Journalistenberuf von der Branche selber derart abgewertet wurde, dass ihn viele junge Leute nicht mehr attraktiv finden. Dies zeigte das Dreiländertreffen der Qualitätsinitiativen in Düsseldorf. Für den Klein Report berichtet Roger Blum.
In den drei Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz existieren Organisationen, die sich um die journalistische Qualität kümmern: die deutsche und die österreichische «Initiative Qualität im Journalismus IQ» (www.initiative-qualitaet.de, www.iq-journalismus.at) sowie der schweizerische «Verein Qualität im Journalismus» (www.quajou.ch). Delegationen der drei Organisationen trafen sich in Düsseldorf zum Gedankenaustausch.
Ulrike Kaiser, die Sprecherin der deutschen IQ, zeigte sich in einer Lageanalyse besorgt über die Tendenz in der Medienbranche, den Journalismus herunterzustufen - in Bezug auf Bedeutung und Besoldung. «Der Journalistenberuf wurde abgewertet», sagte sie, und das habe zur Folge, dass junge Leute in Medienstudiengängen gar nicht mehr dem Journalismus, sondern von vornherein der Öffentlichkeitsarbeit zustrebten. Betrüblich sei auch, dass an mehreren Universitäten die Journalistikstudiengänge abgebaut worden seien. So gehe der Standard verloren. Einzelne Medienunternehmen wollen die Volontariate verlängern, was ihnen einen doppelten Vorteil bringe: Die jungen Medienschaffenden würden vielfältiger ausgebildet und arbeiteten länger zu Tiefstlöhnen.
Aus Deutschland konnten aber auch positive Entwicklungen vorgestellt werden, die die journalistische Qualität fördern. So berichtete Professor Michael Steinbrecher von der Universität Dortmund über den nordrhein-westfälischen Lernsender NRWision, der Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, Sendungen zu realisieren, und bei dem fortgeschrittene Studierende der Journalistik die Laien anleiten, fernsehgerechte Ergebnisse zu erzielen. Uwe Kammann, Direktor des Grimme-Instituts, erläuterte den Grimme-Preis, der für Fernseh- und für Online-Produktionen vergeben wird, und legte dar, warum die Stiftung Medientest bislang bloss eine Idee geblieben ist. Jürgen Brautmeier, Direktor der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien, schilderte deren Aktivitäten in Weiterbildung, Forschung und Medienkompetenzförderung.
Zur Förderung der journalistischen Qualität tragen auch die Presseräte, Ombudsstellen und Beschwerdeinstanzen bei. Der Deutsche Presserat hat die Möglichkeit der Mediation eingeführt, die aber auch ihre problematischen Seiten hat, zumal die Verfahren sehr aufwendig sind und manche Beschwerdeführer gar nicht gewillt sind, sich mit der Redaktion zu einigen. Der Deutsche Presserat beurteilt auch publizistische Beiträge im Internet, lehnt es aber ab, sich zu nicht-moderierten Blogs zu äussern. Ebenfalls nicht durchringen konnte er sich zu öffentlichen Beratungen. Der Schweizer Presserat schickt Delegationen in die Redaktionen, um das Bewusstsein für den berufsethischen Kodex und die journalistische Ethik zu fördern, wie Philipp Cueni, Präsident des Vereins Qualität im Journalismus, berichtete.
In Österreich steht die feierliche Neugründung des Presserates unmittelbar bevor. Wie Eva Weissenberger, die Vorsitzende der IQ Österreich und Mitglied des Presserates, anmerkte, leidet er allerdings unter zwei Geburtsfehlern: Erstens müssen Beschwerdeführer versprechen, dass sie nicht auch noch den normalen Rechtsweg beschreiten, was den Presserat unattraktiv macht, da dort keine Entschädigungen herauszuholen sind. Zweitens können Beschwerden gegen Medien, die nicht Mitglieder des Verlegerverbandes sind, zwar behandelt werden, aber nur geheim, und nicht einmal die Beschwerdeführer erfahren das Resultat. Dies schützt letztlich Nichtmitglieder des Verlegerverbandes wie beispielsweise die Gratiszeitung «Österreich».
Zur Debatte stand auch die Medienkritik, die in allen drei Ländern zu wünschen übrig lässt. Dass im übrigen die journalistische Qualität davon abhängt, wie weit die Gesellschaft bereit ist, unabhängige, kompetente und die Vielfalt der Informationen und der Meinungen sichernde Medien zu finanzieren, machte der Auftritt von Marc-Jan Eumann, Medienstaatssekretär des Landes Nordrhein-Westfalen, klar.
Samstag
15.01.2011