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Donnerstag
27.11.2014

Kino

Sabine Boss, Daniel Waser und Corine Mauch

Sabine Boss, Daniel Waser und Corine Mauch

«Electroboy» und «Der Goalie bin ig» haben gemeinsam den Filmpreis der Stadt Zürich gewonnen. Die Auszeichnung nahmen Regisseur Marcel Gisler und Regisseurin Sabine Boss an der Cadrage auf der Bühne des trendigen Lokals Aura in Zürich entgegen. Die Filmkommission teilte das Preisgeld auf die beiden Filme auf: «Der Goalie bin ig» erhielt 40 000 Franken, der Dokumentarfilm «Electroboy» die restlichen 60 000 Franken.

Es wurden 27 Werke für den Preis eingereicht. Ein Grossteil davon wurde vom Kanton und der Stadt Zürich mitfinanziert: «22 der 27 eingereichten Arbeiten wurden von der Zürcher Filmstiftung unterstützt», so deren Präsidentin, Corine Mauch, stolz. «Die Filmstiftung hat in ihrem 10. Jahr insgesamt 10 Millionen Franken Fördergelder gesprochen», so die in einen roten Hosenanzug gekleidete Zürcher Stadtpräsidentin bei ihrer Begrüssungsrede vor den Gästen aus der Zürcher Filmwirtschaft.

Im Zentrum von «Electroboy» steht der Schweizer Florian Burkhardt, der in den 1990er-Jahren als Model, Autor, Partyveranstalter unter dem Pseudonym Electroboy aktiv war. Wegen einer Angststörung lebt er heute als IV-Bezüger in Berlin.

«Es ist eine filmische Entdeckungsreise durch das bewegte Leben von Florian Burkhardt. Eine hochdramatische Story», begründete Jan Sahli, Präsident der Filmkommission, die Wahl von «Electroboy».

Der Film ist Marcel Gislers erster Dokumentarfilm. «Anfangs habe ich `Electroboy` ebenso durchgeplant, wie ich es bei einem Spielfilm mache. Aber das hat nicht funktioniert. Florian brachte mir alles durcheinander», sagte Gisler auf der Bühne des Aura in Zürich ins Mikrofon. Das anfangs eher verhaltene Publikum lachte bei dieser Aussage.

Florian Burkhardt, der mit dem Regisseur auf der Bühne stand, erzählte vom Dreh des sehr persönlichen Porträts: «Marcel dachte anfangs, ich tauge nichts für die Kamera. Alle Aufnahmen von mir sind noch ganz am Schluss in drei Tagen entstanden. Da habe ich dann alles gegeben.» Das zeigten auch die auf der 360-Grad-Leinwand eingespielten Ausschnitte aus dem Film, die dem Publikum einen Eindruck des Werks vermittelten.

Den zweiten Gewinner des Filmpreises der Stadt Zürich «Der Goalie bin ig» beschrieb Jan Sahli als «rührende Tragikkomödie über einen Aussenseiter». Hauptdarsteller Marcus Signer lobte der Jurychef im Namen der Filmkommission als «herausragend».

Regisseurin Sabine Boss verriet ihr einfaches Erfolgsrezept: «Viel arbeiten hilft.» Daniel Waser, Geschäftsleiter der Zürcher Filmstiftung und Moderator des Abends, stellte Boss nach ihrem Gewinn einige Fragen zu ihrer langjährigen Arbeit als Filmschaffende. Neugierig wollte er von ihr wissen, wie denn der Stand der Frauenförderung in der Schweizer Filmwirtschaft aussehe. «Ich bin kinderlos und habe es damit einfacher als Frauen mit Kindern», so ihr ernüchterndes Urteil.

Waser liess das nicht einfach so stehen und sprach später die Präsidentin der Zürcher Filmstiftung, Corine Mauch, darauf an. Auch sie sieht bei der Frauenförderung noch Nachholbedarf: «Ich rufe Frauen dazu auf, traut euch, Anträge zu stellen.»

Daniel Waser führte charmant und zügig durch den Abend, unterstützt von der jungen A-cappella-Gruppe Invivas. Vier Sänger und eine Sängerin lockerten das Programm mit Gesangseinlagen auf und untermalten gekonnt die Vergabe der Preise auf der Bühne. Ihre Lieder wurden begleitet von Lichtprojektionen des Regisseurs Ivan Engler. Diese kamen auf der 360-Grad-Leinwand des Auras gut zur Geltung und brachten etwas Dramatik in den sonst eher ruhigen Anlass.

Nebst dem Filmpreis der Stadt Zürich wurden an der Cadrage auch die Preise Succès Zürich verliehen. Mit den Referenzgutschriften der Zürcher Filmstiftung werden jährlich die Filme ausgezeichnet, die an der Kinokasse und bei den Festivals am meisten Erfolg hatten.

2014 gewannen «Achtung, fertig, WK!» und «Lovely Louise» bei den Spielfilmen. In der Kategorie Dokumentarfilme erfüllten «Verliebte Feinde», «Der grosse Kanton» und «Vaters Garten» die Kriterien. Mit dem Succès-Preis für «Vaters Garten» wurde mit Peter Liechti erstmals ein Regisseur postum ausgezeichnet.

Bei den Kurzfilmen konnten «Alfonso», «Timber», «From Here to Immortality» und «Grandpère» Referenzgutschriften gewinnen.

Der Kurzfilmpreis der Stadt Winterthur wurde von deren Stadtpräsident Michael Künzle verliehen. Dieser holte bei seiner Rede etwas weiter aus und machte es spannend, bevor er «Wandelzeit - Eine Gletscherperformance» von Regisseur Jan-Eric Mack als Gewinner bekannt gab.

Mack erhält 12 000 Franken für diesen Preis. Nach seinem Gewinn für «Alfonso» stand er am Dienstag bereits zum zweiten Mal auf der Bühne des Aura. «Mir ist schwindelig», meinte der überwältigte Regisseur, der noch im Masterstudium an der Zürcher Hochschule für Künste studiert zu Daniel Waser. Soeben sei ihm ein wichtiges Budget für ein neues Projekt gestrichen worden, er könne deshalb das Geld gut brauchen.