Der Vorschlag, einen «Medienartikel» in der Bundesverfassung zu schaffen, stösst in der Branche auf heftigen Protest. Unter dem Deckmantel der guten Absichten untergrabe der Vorschlag von alt Ständerat Filippo Lombardi die Pressefreiheit, so die Kritik.
«Medien in die Bundesverfassung» heisst die parlamentarische Initiative, mit der der Handlungsspielraum des Bundes im Bereich der Medien und insbesondere der Medienförderung geklärt und erweitert werden soll.
Dazu soll Artikel 93 der Bundesverfassung über «Radio und Fernsehen» neu als «Medienartikel» technologieneutral formuliert werden. Damit könnte der Bund fortan Gesetze für alle Medien erlassen. Zum Beispiel könnten auch die Print-Medien direkt gefördert werden – also ohne Umweg übers Postgesetz, wie es heute geschieht.
So notwendig die Medienförderung auch sei, sie dürfe nicht «als Vorwand für eine Einschränkung der Pressefreiheit» dienen, kritisiert nun die Schweizer Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF).
Mit dem Text, über den der Ständerat am Mittwoch debattiert, werde die Pressefreiheit verletzt. Dies, weil der Text vorschlage, die Presse «ohne die geringste Rechtfertigung dem gleichen Leistungsauftrag zu unterwerfen, wie er gegenwärtig für Radio und Fernsehen, insbesondere die Service-public-Sender, gilt».
Dies bedeute, dass die Journalisten der Print-Medien «ähnlichen Zwängen» unterworfen sein könnten wie ihre Kolleginnen bei Radio und TV. Dass sie also zum Beispiel einen kulturellen Auftrag erfüllen oder die Vielfalt der Meinungen repräsentieren müssten.
«Damit verbunden wären die gleichen möglichen gesetzlichen Kontrollen der veröffentlichten Inhalte», warnt die Journalistenorganisation.
Der gegenwärtige Verfassungsartikel über Radio und Fernsehen beruhe auf der Idee, dass der Staat nur die audiovisuellen Medien reguliert und ihre Finanzierung organisiert. «Dies aus spezifischen Gründen, die insbesondere mit der dominanten Stellung der SRG und der damit verbundenen Möglichkeit der Einflussnahme zusammenhängen.»
Die Presse dagegen bleibt, innerhalb der Grenzen des allgemeinen Rechts, vor jeglichem Aufsichtsrecht der staatlichen Behörden über ihre redaktionelle Produktion geschützt.
«Dies muss auch weiterhin der Fall sein», schreibt RSF weiter. «Das Mandat von Radio und Fernsehen kann nicht auf alle Medien ausgedehnt werden, ohne bisher akzeptierte Konzepte völlig zu verändern und ohne die Pressefreiheit zu gefährden. Die Überlegungen zu einer möglichen Revision der Verfassung müssen auf einer völlig anderen Grundlage fortgesetzt werden.»
Doch aus Sicht der Journalistenorganisation ginge der vorgeschlagene «Medienartikel» nicht nur ans Eingemachte der Pressefreiheit. Er könnte auch den geplanten Aufbau respektive Ausbau von Online- und Print-Förderung in die Länge ziehen. Das dürfe nicht sein.
Lanciert hatte den Vorstoss «Medien in die Bundesverfassung» seinerzeit alt Ständerat und Chef von Kommunikation Schweiz, Filippo Lombardi. Sein Walliser CVP-Kollege Beat Rieder hat das Dossier nach Lombardis knapper Abwahl übernommen.
Die Fernmeldekommission des Ständerats hatte der Vorlag vor Kurzem nur knapp zugestimmt. Die Schwesterkommission des Nationalrats lehnte sie ab.
Dass über Artikel 93 gestritten wird, ist nicht neu. Der Paragraf stammt aus einer Zeit, in der es weder Facebook noch Google gab. Er sorgt immer wieder für medienrechtliche und medienpolitische Debatten.