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Donnerstag
08.09.2016

TV / Radio

Roger de Weck stellte sich gegen Open Source

Roger de Weck stellte sich gegen Open Source

Frei nach dem Motto «zwei Juristen, drei Meinungen» stritten private Verleger, SRG-Direktor Roger de Weck, Medienwissenschaftler und Politiker am Mittwoch an der Service-public-Konferenz im Berner Hotel Bellevue Palace darüber, wie der gesetzliche Leistungsauftrag an die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft interpretiert werden muss.

Die Parteien kennen sich und ihre Argumente bereits in- und auswendig. Der Verlegerverband steht auf der einen, SRG-Direktor de Weck auf der anderen Seite. Vorweg die Gemeinsamkeiten: Niemand will die SRG komplett abschaffen und auch die publizistische Qualität des SRG-Angebots ist mehrheitlich unbestritten. Streitpunkt ist hingegen, zu welchem Preis und in welchem Umfang die SRG ihren «Service public»-Auftrag erfüllen soll.

Pietro Supino, Tamedia-Verleger und designierter Präsident des Verbands Schweizer Medien (VSM), plädierte in Bern für einen «komplementären Ansatz»: Dadurch, dass die SRG zu grossem Teil öffentlich finanziert ist, habe sie einen Wettbewerbsvorteil. «Sie soll ihr Privileg nicht dazu nutzen, um zu Privaten in Konkurrenz zu treten», argumentierte Supino. Soll heissen: Im unternehmerischen, privatwirtschaftlich lukrativen Bereich habe die SRG nichts zu suchen. Das gelte gemäss Supino insbesondere auch für ein eigenständiges Online-Angebot der SRG, das in der Bundesverfassung «keineswegs vorgesehen» sei.

Der Lösungsvorschlag für den Vertreter der Verleger heisst «open source»: Wenn die SRG ihre Inhalte allen Anbietern kostenlos verfügbar mache, würden die Privaten nicht mehr konkurriert. Gleichzeitig könnte die SRG ihren Service-public-Auftrag noch besser erfüllen, indem ihre Inhalte durch die zusätzliche Verbreitung mehr Menschen erreicht. «So gäbe es nur Gewinner», schloss Supino.

Die «open source»-Idee fand auch bei Jens Alder, VR-Präsident Alpiq Holding AG und Goldbach Group AG, Anklang. Alder lieferte die legitimatorische Grundlage: «Programme, die von der Öffentlichkeit finanziert wurden, gehören nicht der SRG, sondern der Öffentlichkeit», meinte er. Die 1,2 Milliarden Franken, welche die SRG derzeit aus dem öffentlichen Gebührentopf erhält, seien zudem «viel zu üppig», so Alder weiter. Die «Subsidiarität», die für die SRG gelten solle, sei dadurch «sicher nicht erfüllt».

Wenig überraschend teilte Roger de Weck die Auffassung seiner Vorredner nicht. Den Service-public-Auftrag, wie er derzeit in der Verfassung vorgesehen ist, definiert der SRG-Generaldirektor weder «komplementär» noch «subsidiär», sondern «umfassend», wie er sagte. Weil «Digitalisierung viel Geld kostet», müsse die SRG auch mit Werbung viel Geld erwirtschaften können. Nur die Einnahmen aus dem öffentlichen Topf alleine reichen gemäss dem SRG-Direktor nicht aus, um den Service-public-Auftrag so umfassend zu erfüllen, wie es sich Roger de Weck vorstellt.

De Weck machte keinen Hehl daraus, dass er von Supinos «open source»-Idee nicht viel hält. Das gilt auch für das Online-Angebot der SRG, das nach seiner Ansicht - und somit ausdrücklich entgegen Pietro Supinos Interpretation - durchaus in der geltenden Bundesverfassung so vorgesehen sei. Erlaubt es die Verfassung der SRG, ein unabhängiges Online-Angebot zu produzieren? Sowohl de Weck als auch Supino finden Juristen, die ihre Interpretationsweise unterstützen.

Grundlage für den aktuellen Service-public-Auftrag an die SRG ist Artikel 93 der Bundesverfassung. Doch dieser Artikel wird von den Verlegern auf der einen Seite und Roger de Weck auf der anderen Seite komplett gegensätzlich interpretiert. Die Verleger kritisieren deshalb, dass der SRG-Präsident die Deutungshoheit für sich beansprucht und den Artikel «so interpretiert, wie er will».

Der SRG-Direktor referierte an der Service-public-Konferenz vom Verband Schweizer Medien darüber, wie ein Artikel in der Bundesverfassung, der 1984 angenommen wurde und somit angesichts der technologischen Entwicklung schon längst veraltet ist, interpretiert werden müsse. Die eigentliche Diskussion, wie Service public zeitgemäss interpretiert werden muss, verweigerte er mit Gegenfragen: «Bringen andere Modelle Vorteile für das Publikum? Wird das Publikum ein besseres, kostengünstigeres Angebot haben?»