Der Streit um die Dividendenpolitik der «Neuen Zürcher Zeitung» geht weiter. Der Zuger Unternehmer Daniel Brunner hat am Donnerstag der Darstellung der NZZ widersprochen. Für ihn zügelt das Medienhaus nach wie vor Gelder aus der Zentral- und Ostschweiz ab.
Nachdem Brunner die Dividendenausschüttung der RMH Regionalmedien AG an die AG für die Neue Zürcher Zeitung in einem offenen Brief als Inserat in verschiedenen Zeitungen kritisiert hat, wehrte sich die NZZ am Mittwochnachmittag auf Twitter: Die Aussagen von Brunner «sind falsch» und «orientieren sich an einer überholten Struktur».
Doch der RMH-Kleinaktionär Brunner hält an seiner Darstellung fest und lacht über die vermeintliche Richtigstellung der NZZ: «Die von der CH Media kürzlich beschlossene und gleichzeitig mit der Einführung von Kurzarbeit kommunizierte Dividende ist nach allen Regeln des Geschäftslebens das Vermögen ihrer Aktionäre, der AZ-Gruppe und der RMH, und nicht mehr der CH Media. Dabei ist es unerheblich, ob die Dividende als (neue) Schuld auf einem Bankkonto der CH Media belassen wird oder nicht», erklärte er auf Anfrage des Klein Reports am Donnerstag.
Für eine Firma, die wie die CH Media «gemäss Equity-Methode erfasst» per Ende 2019 ein negatives Eigenkapital von 2,4 Millionen Franken und Fremdkapital von 350 Millionen Franken aufweist, sei dies ein zumindest fragwürdiges Verhalten. Vor allem wenn man bedenke, dass im Vorjahr - vor dem Kauf der '3 Plus TV-Gruppe' - noch über 120 Millionen Franken Eigenkapital in den Büchern standen. Für Daniel Brunner lässt sich das nur mit den Eigeninteressen der RMH-Hauptaktionärin NZZ erklären.
Im Zentrum seiner Kritik stünde aber nicht die CH Media, sondern explizit die Verwaltungsräte von RMH Regionalmedien AG und AG für die NZZ. Im buchhalterischen Vorgang «Dividende ausrichten, aber als nachrangiges Darlehen in der CH Media belassen» sei es denn auch «neckisch», so Brunner im Gespräch mit dem Klein Report, dass die RMH damit per 2020 wieder Gewinne aus ihrer CH Media-Beteiligung ausweisen werde.
So könne beim weiteren Abzug von in der Zentral- und Ostschweizer Provinzen erarbeiteten Geldern auf den ersten Blick «das Gesicht gewahrt werden», so Brunner. Denn voraussichtlich werde 2021 scheinheilig auf die im Vorjahr 2020 gemachten Gewinne als Basis für eine Dividendenzahlung verwiesen.
Brunner geht davon aus, dass der «Appetit der NZZ» noch nicht gestillt ist, auch wenn in den letzten fünfzehn Jahren aus den erwähnten Reserven vermutlich bereits an die 100 Millionen Franken, die nicht in jenen Jahren erwirtschaftet worden waren, nach Zürich geflossen seien, sagt Brunner.
Denn schliesslich verfüge die frühere LZ Medien Holding, die heutige RMH Regionalmedien AG, die kein eigenes Personal beschäftigt, aus ihrer früheren Tätigkeit gemäss Bilanz noch mehr als 100 Millionen Franken «freie Reserven».
Dass die Politik des Dividenden-Abzügelns schon sehr lange andauert und auch im Haus selber nicht unumstritten ist, habe er übrigens mit einem Zitat aus einer Verwaltungsratssitzung der damaligen Neue LZ AG vom November 2005 im offenen Brief belegt. Ihn beelende, dass den lange Jahre gut rentierenden NZZ-Töchtern in der Zentral- und Ostschweiz seit Jahrzehnten Mittel entzogen würden, so Brunner, obwohl das in den «Ausbau des redaktionellen und publizistischen Angebots hätte investiert werden sollen». Falls der NZZ denn etwas an einem «starken, regional verankerten Journalismus» gelegen hätte.
Bezüglich des «Honigtopfs» Regionalmedien verweist Daniel Brunner auf den Aktivenüberschuss der St. Galler Tagblatt Medien Holding von fast 70 Millionen Franken, der in der beim Handelsregisteramt Luzern hinterlegten Fusionsbilanz anlässlich der Fusion mit der LZ Medien Holding AG per Ende 2017 offengelegt wurde. Weil die beiden Firmen damals «offiziell» praktisch zum gleichen Wert bewertet wurden, dürfte gemäss Brunner auch die LZ Medien Holding - welche als übernehmende Gesellschaft keine Fusionsbilanz vorlegen musste - über einen Aktivenüberschuss in ähnlicher Höhe verfügt haben.
Aber bereits einige Monate später seien nicht kumuliert 140 Millionen Franken, sondern mehrere Dutzend Millionen Franken weniger freie Reserven ausgewiesen worden. Ein buchhalterisches Resultat, das in Brunners Familie, die sich mit seinem Vater A.C. Brunner seit je gegen die Bildung stiller Reserven ausgesprochen hat, und in der Schweizer Unternehmenslandschaft leider auch heute nicht überrasche, wie er gegenüber dem Klein Report abschliessend sagte.