Während der mehr als 13 Stunden dauernden Anhörung im «Cumhuriyet»-Prozess haben sich die angeklagten Journalisten am Montag gegen die «Terrorismus»-Vorwürfe verteidigt. Vergeblich: Die Richter wollen zuwarten, bis «neue Beweise» vorliegen.
Weiterhin in Haft bleiben «Cumhuriyet»-Chefredaktor Murat Sabuncu, der Kolumnist Kadri Gürsel, Herausgeber Akin Atalay, Investigativjournalist Ahmet Sik und Buchhalter Emre Iper. Insgesamt stehen 17 Mitarbeiter der Zeitung seit Juli vor Gericht. Zwölf von ihnen befinden sich auf freiem Fuss oder leben im Ausland.
Die Gefahr sei zu gross, dass Beweise vernichtet würden, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Zudem wollen sie drei weitere Zeugen, die nicht erschienen waren, anhören. Die Anhörung fand in einem Gerichtssaal in einem Hochsicherheitsgefängnis statt, das 80 Kilometer ausserhalb von Istanbul liegt.
Wegen der Berichterstattung der Zeitung werden den Journalisten unter zum Teil absurden Vorwänden Verbindungen zu «terroristischen» Gruppen vorgeworfen. Ihnen drohen zwischen siebeneinhalb und 43 Jahren Gefängnis.
Laut Anklageschrift soll sich die redaktionelle Linie der Tageszeitung «radikal verändert» haben, nachdem der inzwischen nach Deutschland geflohene Can Dündar im Februar 2015 die Position des Chefredaktors übernahm. «Cumhuriyet» ist eine der ältesten Zeitungen in der Türkei und eines der wenigen noch verbliebenen unabhängigen Medien im Land.
«Wenn Journalisten wie Terroristen behandelt und unschuldig eingesperrt werden, wer soll dann noch über die Willkürjustiz berichten», verurteilte Reporter ohne Grenzen am Dienstag den als «Farce» inszenierten Strafprozess.