Zwischen Weltrekord und journalistischer Versenkung: Mit dem Versuch, «das kaputte Mediensystem» zu retten, betritt die «Republik» kein Neuland. Sie kann aber unter Umständen mit ihrem Erfolg den Weg für weitere, ähnlich gesinnte Online-Magazine ebnen, die derzeit eher ein Schattendasein fristen.
Ein Beispiel gefällig? Bereits vor knapp einem Jahr startete in Zürich das Online-Magazin «Coup» - ebenfalls per Crowdfunding, jedoch finanziell mit deutlich bescheidenerem Erfolg. Das Ziel des Projekts, 50 000 Franken einzunehmen und damit das erste Jahr überbrücken zu können, wurde damals nur knapp übertroffen.
Gegründet von den vier freien Journalisten Joel Benetti, Anna Miller, Andres Eberhard und Pascal Sigg, die mitunter für die «NZZ am Sonntag», «NZZ Folio» oder den «Schweizer Journalist» schreiben, sowie dem Grafiker Konrad Mazanowski setzt «Coup» seither auf hohe Qualität bei Recherche und Erzählweise: «Wir publizieren jeden Monat eine grosse Geschichte aus der Schweiz, ausschliesslich Online. Unser Prinzip ist: Lieber einmal im Monat sich richtig ausgiebig mit einem Thema beschäftigen, als sich ständig in Online-Kurzfutter zu verzetteln», erklärt Andres Eberhard dem Klein Report das Konzept.
Die Parallelen zur «Republik» sind unverkennbar: «Tatsächlich ist unser Ansinnen ähnlich. Aufgrund der Möglichkeiten kann die `Republik` das (ich zitiere) `kaputte Mediensystem` retten. Wir können zumindest einen Beitrag an die Medienvielfalt leisten», findet Eberhard bescheiden und ergänzt: «Wer unsere Kampagne verfolgt hat, dem kommt bestimmt einiges, was Project R nun kommuniziert, bekannt vor. Auch wir haben erfolgreich aufzeigen können, warum die Verlage heute nicht in Journalismus investieren oder dass es im Online-Journalismus eine sogenannte `Click-Aufmerksamkeitsspirale` gibt, welche eine bestimmte Art der Berichterstattung - reisserische Titel, seichte Themen, hektisch runtergeschriebene, fehlerhafte Texte - zur Folge hat.»
Der entscheidende Unterschied zur «Republik» liegt im finanziellen Erfolg: Im Gegensatz zu Project R, das in nur zwei Tagen zwei Millionen Franken eingenommen hat, werden bei «Coup» aktuell kleinere Brötchen gebacken. «Was Project R dank deutlich mehr Mitteln und dank der Strahlkraft von Constantin Seibt im Gegensatz zu uns gelungen ist: Aus den eigenen Filterblasen heraus mit dieser Botschaft die gesamte Gesellschaft zu erreichen. Dass sie dies geschafft haben, finden wir toll und hilft uns genauso wie allen anderen unabhängigen Medienprojekten», so Eberhard.
Während im Hotel Rothaus die Korken knallen, geht nicht weit entfernt an der Rotwandstrasse 39 der Existenzkampf weiter: «Wir sind derzeit daran, die Finanzierung für das Folgejahr sicher zu stellen. Die Probleme? Das Geld. Im Gegensatz zur `Republik` können wir noch einen grossen Batzen brauchen. Wir rechnen mit einem Budget von 100 000 Franken pro Jahr, um so zu wachsen, dass `Coup` in rund zwei Jahren seine Kosten selber decken kann», beschreibt Andres Eberhard dem Klein Report die aktuelle Lage.
«Wir rechnen damit, dass wir 20 000 Franken selber durch Mitgliederbeiträge aufbringen können. Weitere 40 000 Franken hat uns die Stiftung für Medienvielfalt zugesichert - allerdings unter der Bedingung, dass wir die restlichen 40 000 Franken aus anderen Quellen auftreiben können. Da sind wir derzeit dran - und haben ein offenes Ohr für Leute, die sich nun angesprochen fühlen», sagt er dem Klein Report.