Ende Juni ist für den Kommunikationsverantwortlichen von Tamedia, Christoph Zimmer, Schluss: Der 41-Jährige verlässt nach zwölf Jahren die Mediengruppe, um sich zusammen mit seinen drei Töchtern und seiner Frau eine Auszeit zu nehmen. Für sein Sabbatical hat Zimmer Barcelona gewählt.
Bevor er am 30. Juni seinen Hut nimmt, führte der Klein Report mit dem Leiter Kommunikation & Public Affairs von Tamedia ein Abschlussinterview.
Weshalb haben Sie gekündigt? War es nach zwölf Jahren einfach mal genug oder gibt es andere Gründe?
Christoph Zimmer: «Ich habe nach wie vor das Gefühl, eine der spannendsten Aufgaben in der Kommunikationsbranche zu haben. Aber mit 41 Jahren bin ich definitiv zu jung, um in dieser Funktion pensioniert zu werden. Zudem habe ich einfach Lust, nach zwölf Jahren eine andere Aufgabe zu übernehmen. Intern habe ich bereits seit Längerem signalisiert, dass dieser Tag einmal kommen wird. Deshalb war das für Pietro Supino und Christoph Tonini auch keine Überraschung.»
Was werden Sie nach Ihrem Ausscheiden bei Tamedia am meisten vermissen?
Zimmer: «Mein Team und viele Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich zum Teil seit meinem ersten Tag zusammenarbeite. Bei Tamedia arbeiten, wie vermutlich in allen Medienhäusern, einfach sehr viele interessante und engagierte Menschen. Diesen Austausch habe ich immer geschätzt.»
Was wird Ihnen sicher nicht fehlen?
Zimmer: «Morgens aufzuwachen und festzustellen, dass ich nachts um zwei Uhr einen Anruf der Druckerei erhalten habe, weil es eine Störung gab. Das kam zum Glück sehr selten vor, aber man wacht dann wirklich sehr schnell auf…»
Sie haben in den vergangenen zwölf Jahren verschiedene Ämter bekleidet. Neben Ihrer Aufgabe als Kommunikationsleiter waren Sie auch für die Bereiche Investor Relations und Public Affairs verantwortlich. Sie haben unter anderem auch den Bau des neuen Tamedia-Holzhauses beim Stauffacher geprägt und zeichneten für den neuen Markenauftritt der Mediengruppe verantwortlich. Haben Sie sich um diese Zusatzaufgaben gerissen oder sind die Ämter einfach nach und nach auf Sie zugekommen?
Zimmer: «Das ergab sich über die Zeit, und deshalb blieb die Aufgabe auch immer so interessant. Den Bau eines neuen Medienhauses mitgestalten zu können, war natürlich ein Privileg. Das war auch nur möglich, weil ich auf ein gutes Team zählen konnte. Aber die Kommunikation, sei es intern oder gegenüber den Medien, den Investoren oder der Politik, blieb immer meine Kernaufgabe.»
Sie waren ja eigentlich der Prototyp eines Tamedia-Angestellten: Als Kommunikationsmensch eingestellt - und am Schluss wird in ihrem Zeugnis unter anderem stehen: «Er war auch Bauleiter und eine Branding-Agentur». In welchem Bereich haben Sie sich am wohlsten gefühlt?
Zimmer: «Der Prototyp eines Tamedia-Angestellten ist zum Glück immer noch eine Journalistin, ein Softwareentwickler, ein Drucker oder ein Verkäufer - nicht ein Kommunikationsverantwortlicher. Aber so unterschiedlich die Projekte tönen, letztendlich gab es viele verbindende Elemente. Beim Bau des neuen Medienhauses ging es darum, die verschiedenen Interessen und Erwartungen an das neue Gebäude zusammenzubringen. Es ging also im weitesten Sinne ebenfalls um Kommunikation. Das gilt auch für den neuen Markenauftritt von Tamedia, der das Ziel verfolgt, der Geschichte und Ambition des Unternehmens als Medienhaus genauso gerecht zu werden wie den ganz praktischen Anforderungen an ein Corporate Design, das digital und in der Cloud funktionieren muss.»
Was stand am Schluss eigentlich auf Ihrer Visitenkarte? Und haben Sie im Vergleich zum Start vor zwölf Jahren am Schluss auch sechsmal mehr verdient?
Zimmer: «Ich startete als Leiter Unternehmenskommunikation, und zuletzt stand auf meiner Visitenkarte Leiter Kommunikation & Public Affairs. Das sind 33 gegenüber 31 Buchstaben. Die Gehaltserhöhung bewegte sich näher bei dieser Proportion als bei einer Versechsfachung.»
Welches waren für Sie die schönsten und eindrücklichsten Momente beim Verlagshaus?
Zimmer: «Es gab über die Jahre natürlich viele eindrückliche Momente. Neben dem neuen Markenauftritt und der Eröffnung des neuen Medienhauses werden mir sicher die Momente in Erinnerung bleiben, in denen mein Team und ich nach teilweise monatelangen Verhandlungen eines der grossen Fusions- oder Übernahmeprojekte kommunizieren durften.»
Haben Sie eigentlich gezählt, wie viele Reorganisationen Sie in den vergangenen Jahren kommunizieren mussten?
Zimmer: «Nein, aber Tamedia hat sich in diesen zwölf Jahren natürlich stark verändert. Dazu trugen neue Organisationen und Restrukturierungen genauso bei wie rund 50 Übernahmen, Fusionen und Unternehmensverkäufe. Tamedia hatte immer eine klare Strategie und hat diese auch konsequent verfolgt. Nur aufgrund dieser klaren Strategie und der Bereitschaft, viel Geld in das Unternehmen zu investieren, hat Tamedia heute ein Netzwerk aus Tageszeitungen in der Deutschschweiz, die mit unabhängigem und gutem Journalismus jeden Tag mehrere Millionen Menschen informieren. Alleine gäbe es viele dieser Tageszeitungen nicht mehr.»
Sie werden mit Ihrer Familie für ein Sabbatical nach Barcelona ziehen. Wird man auf Ihrem Twitter-Account dann ein Jahr lang nur Pool- und Architekturbilder sehen? Was werden Sie in Spanien genau machen?
Zimmer: «Ich werde mich in erster Linie um die Kinder kümmern. Daneben bleibt hoffentlich Zeit, einige Bücher zu lesen, über Märkte zu schlendern und einige Reisen zu unternehmen. Einen Pool werden wir nicht haben, aber dafür gibt es in Barcelona ja ein Meer.»
Wie wird es 2019 dann weitergehen? Wissen Sie schon was Sie machen werden? Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass Sie bereits Gespräche mit neuen möglichen Arbeitgebern führen…
Christoph Zimmer: «Es gibt Gespräche, unterschrieben ist aber noch nichts.»
Nach den vielseitigen Berufserfahrungen, die Sie bei Tamedia sammeln durften, werden Ihnen nun viele Türen offenstehen. Gab es schon tolle Angebote, die Sie abgelehnt haben?
Zimmer: «Ja, die gab es, und das ist natürlich ein ganz gutes Gefühl. Aber ich glaube, das hat weniger mit mir zu tun als damit, dass ich in den letzten zwölf Jahren die Kommunikation eines so wichtigen Medienunternehmens leiten durfte.»
Haben Sie sich auch schon den Gang in die Selbständigkeit überlegt?
Zimmer: «Ja, das wäre sicher interessant. Ganz alleine arbeiten möchte ich aber nicht. Ich schätze den Austausch mit einem Team.»
Ihr Nachfolger wird Patrick Matthey, der bisherige Tamedia-Kommunikationsverantwortliche für die Westschweiz. Was können die hiesigen Journalistinnen und Journalisten von Ihrem Kollegen erwarten?
Zimmer: «Patrick Matthey ist wirklich ein super Typ, er kennt das Unternehmen, war lange Journalist und spricht auch noch hervorragend Schweizerdeutsch. Ich freue mich sehr, dass er meine Nachfolge übernimmt und bin sicher, er wird das hervorragend und in vielen Bereichen besser als ich machen.»