Die Bundesrichter wollen sich über das Zünglein an der Waage beraten. Nächste Woche werden sie darüber debattieren, wie knapp ein Volksentscheid sein kann, um rechtskräftig zu werden. Oder andersrum: Wie knapp er sein muss, damit die Stimmzettel nochmals ausgezählt werden.
Hintergrund ist das 50,08-Prozent-Ja zum neuen RTVG in der Abstimmung vom vergangenen Juni. Gerade mal 3696 Stimmen gaben damals schweizweit den Ausschlag.
Eine Privatperson klagte im Kanton Basel-Landschaft und zog die Beschwerde ans Bundesgericht weiter, nachdem sie bei der Baselbieter Regierung, die sich für nicht zuständig erachtete, abgeblitzt war. Auch in den Kantonen Bern, Luzern und Zürich gabs Beschwerden.
Bereits vor sechs Jahren, als über den biometrischen Pass abgestimmt wurde, erregte ein vergleichbar knapper Abstimmungsausgang Aufsehen in den Medien. Das Bundesgericht kam damals zum Schluss, dass bei jeder Stimmzählung eine Fehlerquote angenommen werden muss. Bei haarscharfen Entscheiden sei es möglich, dass auch mal Zählfehler den Ausschlag geben.
Laut dem Bundesgesetz über die politischen Rechte müssen die Stimmen nachgezählt werden, wenn es zu «Unregelmässigkeiten» im Urnengang oder der Auszählung gekommen war. Auch haarscharfe Entscheide gehörten dazu, folgerte das Bundesgericht im Nachgang zur Biometrie-Abstimmung.
Es begründete dies mit dem staatspolitischen Argument, dass die Nachzählung in knappen Entscheiden die Anerkennung des demokratischen Prozesses stärke. Die Verlierer könnten dank Nachzählung den Ausgang der Abstimmung einfacher akzeptieren, wenn sie die Gewissheit hätten, dass das Resultat kein Zufallstreffer sei.
2009 waren es 50,14 Prozent Ja-Stimmen. Dem Bundesgericht war das aber noch nicht knapp genug, die Richter fanden, eine Nachzählung sei in diesem Fall nicht nötig. Jetzt haben es die Bundesrichter mit 50,08 Prozent zu tun – wird das reichen, um knapp genug zu sein?
Das Bundesgericht wird nun am 19. August öffentlich über die vier Beschwerden gegen die RTVG-Abstimmung vom 14. Juni beraten.