Die Bundesanwälte müssen neu alle Anfragen von Journalisten in die Akten der laufenden Strafverfahren legen, wie das Bundesstrafgericht gegen den Willen der Bundesanwaltschaft entschieden hat. Das dürfte die Arbeit der Medienschaffenden erschweren.
Ein Strafverteidiger hatte in einem laufenden Verfahren Einsicht in die Korrespondenz der Bundesanwaltschaft mit den Journalisten gefordert. Der Anwalt aus Genf verteidigt einen Mandanten, gegen den seit Sommer 2013 ein Strafprozess wegen Geldwäscherei und Bestechung fremder Amtsträger läuft.
Nach einem ersten Urteil des Bundesstrafgerichts vom April 2016 rückte die Bundesanwaltschaft ihre Antwortschreiben auf die Medienanfragen heraus. Der Beschwerdeführer wollte aber auch die Mails der Journalisten sehen und doppelte beim Gericht in Bellinzona nach.
Die Bundesanwaltschaft stellte sich auf den Standpunkt, dass es sich bei den Anfragen der Medienschaffenden um einen «spontanen Akt» handle, welcher für sich alleine «keinen prozessrelevanten Vorgang» darstelle, wie es in der Urteilsbegründung heisst. Der Eingang einer E-Mail eines Medienschaffenden bei einer Behörde könne «nicht dazu geeignet sein, die Unschuldsvermutung der beschuldigten Person zu verletzen», argumentierten die Bundesanwälte weiter.
Nur wenn «ausnahmsweise eine anfragespezifische Antwort» anstelle einer allgemeinen Medienorientierung verschickt werde, was in dem umstrittenen Verfahren nicht geschehen war, wollten sie die konkreten Fragen der Journalisten den Akten des Strafverfahrens beilegen.
Damit ist die Behörde nun beim Bundesstrafgericht abgeblitzt. Es pocht darauf, dass die ganze Korrespondenz inklusive Journalistenanfragen den Verfahrensakten beigelegt wird, ganz egal, ob die Bundesantwaltschaft nur mit einem Standardschreiben oder mit einer individuellen Antwort reagiere. Das Urteil ist definitiv.
Für die Medienschaffenden, die sonst auf Transparenz angewiesen sind, könnte sich diese neue verbindliche Regel als «Bad News» herausstellen, wie Marcel Gyr in der «Neuen Zürcher Zeitung» kommentiert. Immerhin enthalten Anfragen von Journalisten unter Umständen Angaben zu ihren Informanten. Werden diese in den Strafverfahren offen gelegt, kann der Quellenschutz tangiert werden.