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Donnerstag
17.03.2022

Werbung

In Amsterdam findet man keine «Stopp Werbung»-Kleber an den Briefkästen, sondern welche mit «Bitte Werbung». (Bild © Die Post)

In Amsterdam findet man keine «Stopp Werbung»-Kleber an den Briefkästen, sondern welche mit «Bitte Werbung». (Bild © Die Post)

Vielleicht ist es der Anfang vom Ende des «Stopp Werbung»-Klebers an Schweizer Briefkästen: Werbung soll nur erhalten, wer dies explizit möchte. Der Nationalrat hat am Donnerstag knapp einem entsprechenden Vorstoss zugestimmt.

Es wäre ein Paradigmenwechel fürs analoge Direktmarketing: Unadressierte Werbesendungen dürfen nach dem Willen des Nationalrats in Zukunft nur noch auf ausdrücklichen Wunsch zugestellt werden. Das hat die Grosse Kammer am Donnerstag mit 96 zu 85 Stimmen beschlossen.

Folgt auch der Ständerat der Argumentation der Motionärin Katja Christ, würde bald ein Systemwechsel von «Opt out» auf «Opt in» anstehen. Ausgenommen wären Versände, auf die sich die Zustellorganisationen mit den Konsumentenschutzorganisationen geeinigt haben, also zum Beispiel Sendungen von Behörden oder politischen Parteien.

Der GLP-Politikerin aus Basel-Stadt geht es darum, «unnötige Papierabfallberge» zu vermeiden. Nachhaltigkeit beginne vor der eigenen Haustür. «Zudem entspricht es einem liberalen Lösungsansatz, zu sagen, wenn man etwas will, und nicht, wenn man etwas nicht will», begründete Katja Christ ihre Forderung.

Zwar gebe es die auf die Briefkästen geklebten Werbeblocker. «Tatsache jedoch ist, dass viel zu viel unerwünschte Werbung im Briefkasten und danach direkt im Müll landet, sei es, dass kein Kleber angebracht wurde oder dass dieser nicht beachtet wurde.»

In Amsterdam findet man keine «Stopp Werbung»-Kleber an den Briefkästen, sondern welche mit «Bitte Werbung». Dadurch spart die Stadt nach eigenen Angaben jährlich 6000 Tonne Müll.

«Ich kann Ihnen noch über die Zeit berichten, als ich im Konsumentenschutz tätig war», holte Bundesrätin Simonetta Sommaruga aus. «Wir haben mit diesem ‚Stopp Werbung‘-Kleber viele Leute unterstützen können, ihr Recht, eine Annahme zu verweigern, damit zum Ausdruck bringen zu können. Aber das grösste Problem war: Wer muss ihn beachten?»

Diese Abgrenzungsschwierigkeiten würden mit dem Wechsel auf «Opt in» genauso fortbestehen. Für die Verkleinerung der Altpapierberge würde ein Systemwechsel «wahrscheinlich nicht so wahnsinnig viel bringen», spekulierte die Medienministerin. Also könne man es auch lassen.

Wer trotz «Stopp Werbung»-Kleber am Briefkasten mit Werbesendungen geflutet wird, kann heutzutage bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission eine Beschwerde machen. Die geht dem nach.

Die gesamte Direktwerbung macht gemäss Werbestatistik Schweiz mit 828 Millionen Franken Nettowerbeumsatz derzeit 22,2 Prozent am Werbekuchen aus.