Nach der Diskussion zwischen Roger Schawinski und dem Komiker Andreas Thiel sind bei der Ombudsstelle 185 Beanstandungen eingereicht worden. So viele Beschwerden sind bisher noch nie zu einer einzigen Sendung eingegangen. Auf 164 dieser Fälle konnte Ombudsmann Achille Casanova formell eintreten, berichtet die SRG im eigenen PR-Newsletter «SRG Insider».
148 Beanstandungen richteten sich gegen Talkmaster Roger Schawinski, was rund 90 Prozent entspricht. Kritisiert wurde unter anderem, dass die Gesprächsführung «mangelhaft, provozierend, unhöflich, arrogant und respektlos» gewesen sei. Mehrfach sei auch die Absetzung der Sendung oder des Moderators verlangt worden.
Über Schawinskis Gast Andreas Thiel dagegen beschwerten sich nur gerade 16 Personen. Thiel habe sich von vornherein geweigert, auf die Fragen von Schawinski zu antworten und durch seine Haltung den Moderator bewusst und unnötig provoziert. Nicht goutiert wurde von den Zuschauern auch, dass dem Komiker eine Plattform gewährt wurde, sich als Nicht-Religionsexperte über den Koran auszulassen.
Ombudsmann Achille Casanova bezeichnete die Diskussionssendung als «Hahnenkampf zwischen zwei Personen, die sich nicht mögen und verstehen wollen». Über das eigentliche Thema «Koran» habe sich das Publikum keine eigene Meinung bilden können, womit das im Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) verlangte Sachgerechtigkeitsgebot verletzt worden sei.
Auch das Zitat «Die Muslime sind, böse gesagt, irgendwo im Übergang zwischen Neandertaler und Homo sapiens stecken geblieben», das in der Sendung eingeblendet worden war, war gemäss Casanova unzulässig. Thiel habe sich eindeutig auf den Humor der Muslime bezogen und nicht auf das Wesen der Muslime generell. Es sei eine «gravierende Fehlleistung», dass das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen worden sei.
Auf die Forderung nach der Absetzung der Sendung oder des Moderators ging der Ombudsmann nicht ein. Die Ombudsstelle habe keine Entscheidungs- oder Weisungsbefugnisse, sondern sei gewillt und verpflichtet, die von Bundesverfassung und Gesetz gewährleistete Programmautonomie - und somit die Freiheit der Medien - zu respektieren.