«Lukas Engelberger liess Alte im Stich», titelte die «Basler Zeitung» nach der ersten Corona-Welle im Juni 2020. Und unterliess es, den Präsidenten der kantonalen Gesundheitsdirektoren vor Abdruck mit dem Vorwurf zu konfrontieren.
Beim Presserat beschwert hatte sich das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt, dem der umtriebige Lukas Engelberger vorsteht. Erschienen war der Artikel mit der scharfen Schlagzeile am 10. Juni 2020.
Die meisten der in Basel-Stadt zu jenem Zeitpunkt zu verzeichnenden Corona-Toten hätten in Altersheimen gelebt, hiess es darin. Besonders stark betroffen gewesen sei das Demenzzentrum Martha-Stiftung, das früh beim Gesundheitsdepartement um Hilfe nachgefragt habe. «Doch die Unterstützung kam zu spät.»
Nach einer Intervention von Engelbergers Departement publizierte die «Basler Zeitung» am 3. Juli ein Korrigendum. Der Institution für Demenzkranke sei nicht zu spät geholfen worden, verkehrte die Zeitung ihre Aussage ins Gegenteil. Bereits im März 2020 habe die Institution in hohem Masse praktische und medizinische Unterstützung erhalten.
Dieser Streitpunkt war damit bereits erledigt, als das baselstädtische Gesundheitsministerium den Fall an den Presserat weiterreichte. Zu klären hatte das Gremium nur noch, ob die Baz den Regierungsrat nicht hätte anhören müssen, bevor sie ihm öffentlich unterstellt, «Alte im Stich gelassen» zu haben.
Mit dieser Formulierung sei eine vorsätzlich unterbliebene Hilfeleistung gemeint, so das Gesundheitsdepartement. Dem hielt die «Basler Zeitung» entgegen, die Schwelle eines schweren Vorwurfs sei nicht erreicht, da der Durchschnittsleser nicht von einem strafrechtlich relevanten Verhalten ausgehe, sondern bloss auf die politische Verantwortung Engelbergers und des von ihm geleiteten Gesundheitsdepartements abstelle.
«Zweifelsfrei liegt die Frage, ob Tote zu verhindern gewesen wären, im öffentlichen Interesse. Sie zu stellen ist auch dann legitim, wenn einem politisch Verantwortlichen kein Vorsatz unterstellt wird respektive werden kann», holt der Presserat in seiner am Freitag publizierten Stellungnahme weit aus, um sogleich zum Schluss zu kommen: Der Vowurf, den Tod von alten Menschen in Kauf genommen zu haben, wiege schwer. Lukas Engelberger hätte von der Baz angehört werden sollen.
Zwar hatte der Baz-Journalist Joël Hoffmann ein Recherchegespräch mit der Presseverantwortlichen des Gesundheitsdepartements geführt. Doch damit sei es nicht getan gewesen, so der Presserat.
Vielmehr hätte Engelberger mit dem Vorwurf konfrontiert werden müssen. Und zwar hätte dieser präzis benannt werden müssen. «Nur wenn ein Betroffener weiss, was ihm vorgeworfen wird, kann er entscheiden, ob er Stellung nehmen will oder nicht.»