Turbulenzen im Umfeld der Publicitas: Das dramatische Wegbrechen der Print-Umsätze und Probleme beim Print-Vermarkter veranlasst nun einige Verleger, eine «Auffanggesellschaft» zu gründen.
Seit Jahren waren die meisten Schweizer Verleger mit der Publicitas und der damaligen Publigroupe eng verbandelt und haben ihre Medienprodukte und Anzeigen vom Vermarkter verkaufen lassen: In der Hochkonjunktur mit wenig Aufwand, bequem und locker. Für die viel zu vielen Medienprodukte in der Schweiz hat man aber immer irgendwo noch einen Kunden gefunden.
Aber auch nach dem dramatischen Niedergang der börsenkotierten Publigroupe (Publicitas) hat bei den Verlegern nur langsam ein zaghaftes Handeln stattgefunden. Erst finanzielle Ausstände vonseiten der Publicitas haben Tamedia-Verleger Pietro Supino dazu bewogen, über eine «Auffanggesellschaft» nachzudenken. Allein beim Tamedia-Konzern spricht man von überfälligen Ausständen und (normalen) Ausständen von bis zu 7,5 Millionen Franken, was aber je nach Stichtag grossen Schwankungen unterworfen ist.
Nun ist man kurz vor der Gründung der Gesellschaft: Unter anderen sind die Tamedia, die NZZ-Gruppe, die AZ Medien und Tessiner Verleger daran beteiligt. Der Verlagsmann Rainer Sauser organisiert das Projekt. Angesiedelt ist die Einheit bei der NZZ in Luzern. Die neue Organisation soll unter anderem die professionelle Abwicklung von Printwerbung ermöglichen - und das auch im Hinblick auf weitere mögliche Turbulenzen bei der Publicitas.
Die Streitereien beziehen sich in Teilen auch auf die ehemaligen kurzweiligen Besitzer der Publicitas, auf die Finanzgesellschaft Aurelius, die gemäss Geschäftsbericht 2017 einen ziemlichen Reibach mit dem Schweizer Vermarkter gemacht hat. Je nach Rechnungs- und Bewertungsart geht es um 40 Millionen Franken.
Nach dem Kurz-Engagement von Aurelius gab es einen erneuten Handwechsel - dieses Mal zu den neuen Inhabern und Partnern Jörg Nürnberg und Carsten Brinkmeier, die das Unternehmen führen.
Für das operative Geschäft der Publicitas haben Nürnberg und Brinkmeier seit 1. September 2017 Denis Gheysen engagiert. Erst im Februar ist der Vermarkter mit 90 Angestellten nach Opfikon-Glattbrugg in den Glattpark umgezogen, um einen Neuanfang zu finden. Gheysen sagte am Freitag auf die Thematik angesprochen gegenüber dem Klein Report: «Wir können uns den Zeitpunkt der Gründung - von der wir nichts wissen, ausser dass es eine Arbeitsgruppe gab - nicht gut erklären, weil wir eine Working-Capital-Finanzierung abgeschlossen haben und die Rückstände somit langsam abgebaut werden. Dass unsere Kunden zu spät zahlen, verursacht selbstverständlich schon eine Verspätung bei unseren Zahlungen. Das ist aber meistens mit den Verlagen besprochen und abgestimmt.»
Der Klein Report hat beim Verlegerverband und bei Beteiligten bereits vor Wochen nachgefragt und entweder keine oder nur ausweichende Stellungnahmen erhalten. Nun ist die Gründung der «Auffanggesellschaft» bestätigt worden, aber aus juristischen Gründen haben drei vom Klein Report angefragte Beteiligte Sorgen, öffentlich Auskunft zu geben.