Seit dem 4. Januar ist Arthur Rutishauser Doppel-Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» und der «SonntagsZeitung». Seit Oktober 2013 fungierte er bereits als Chefredaktor der «SonntagsZeitung». Zuvor war er drei Jahre lang Mitglied der Chefredaktion des «Tages-Anzeigers». In einem persönlichen Gespräch in seinem Büro sprach er Mitte Januar mit Raphael Waldvogel und Arno Meili vom Klein Report über seinen neuen Arbeitsalltag.
Seit dem 4. Januar sind Sie Doppel-Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» und der «SonntagsZeitung». Was ist das Aufregendste in Ihrem neuen Arbeitsalltag und was ist anders, als Sie es erwartet haben?
Arthur Rutishauser: «Das Aufregendste ist die grosse Anzahl an Kolleginnen und Kollegen in der neuen, gemeinsamen Redaktion. Bei der `SonntagsZeitung` ist es viel einfacher, Einfluss zu nehmen, da die Redaktion deutlich kleiner ist. Ausserdem sind die Geschichten meist nicht tagesaktuell. Beim Tagi hingegen ist schon wieder Abend, wenn man eigentlich erst gerade begonnen hat, die Zeitung zu planen.»
Bedeutet das für Sie auch eine Umstellung im Kopf?
Rutishauser: «Ja, auch im Kopf. Der Tagi ist eine grosse Maschine, die gut läuft. Ich bin noch daran herauszufinden, wie ich mich am besten organisiere.»
Können Sie in Gesprächen mit Journalisten noch Einfluss nehmen?
Rutishauser: «Ja, natürlich. Sich mit den Redaktionskollegen auszutauschen und festzulegen, wie wir eine Geschichte auf eine bestimmte Art gewichten, ob wir sie vielleicht grösser bringen könnten, ist viel schwieriger als bei der `SonntagsZeitung`, wo man viel mehr Zeit hat. Das ist eine ziemliche Umstellung. Im Online-Bereich akzentuiert sich das natürlich noch viel mehr.»
Befinden sich die Abläufe hinsichtlich der Kommunikation zwischen Ihnen und den Journalisten des «Tages-Anzeigers» noch in einem Einpendelungsprozess?
Rutishauser: «Ich bin mich am Einpendeln.»
Pendelt der Tagi mit Ihnen oder gegen Sie?
Rutishauser: «(Lacht) Natürlich nicht gegen mich. Das ist eine gut geölte Maschine, die einfach läuft.»
Apropos funktionierende Maschine: Das Organigramm der Redaktion ist grösser geworden, viele Aufgaben und Kompetenzen müssen delegiert werden. Funktioniert dies schon perfekt?
Rutishauser: «Na ja, perfekt ist vielleicht etwas übertrieben, aber gut. Das liegt aber auch daran, dass jeden Tag eine Zeitung gemacht werden muss. Damit das Daily Business funktioniert, braucht es starke Köpfe, welche die Zeitung machen. Wenn ich für alles und jeden zuständig sein wollte, würde das nirgends hinführen.»
Gibt es bei den Journalisten des «Tages-Anzeigers» Widerstand, wenn Sie als ehemaliger Wirtschaftsjournalist Ihre Ideen einbringen oder Geschichten in eine gewisse Richtung drehen wollen?
Rutishauser: «Nein, Widerstand nicht. Manchmal merkt man aber schon, dass nicht jeder gerne über die gleichen Dinge schreibt. Ich zwinge niemanden, etwas zu schreiben, das er nicht will. Ich betone aber auch, dass wir offen sein müssen. Wir müssen über das schreiben, was ist, nicht über das, was wir gerne hätten.»
Sie haben in einem Interview mit dem Klein Report vor einem Jahr gesagt, dass Zeitmanagement und Delegieren zu Ihren Stärken gehören. Konnten Sie diese Stärken bereits ausspielen?
Rutishauser: «(Lacht) Zeitmanagement eine Stärke? Wenn ich schreibe, bin ich immer fünf Minuten über dem Abgabetermin. Delegieren musste ich zuerst lernen. Manchmal bin ich halt einfach nicht da. Dann darf ich nicht glauben, die Zeitung trotzdem selbst machen zu können. Das käme nicht gut. Man muss den Leuten vertrauen, anders geht es nicht. Und zum Glück kann man der Tagi-Redaktion vertrauen.»
Wie viel Einfluss nehmen Sie noch auf die «SonntagsZeitung», die ja auch etwas Ihr Baby ist?
Rutishauser: «Also vorläufig ist mein Büro ja noch im gleichen Stock wie die Redaktion der `SonntagsZeitung`. Ich bin also immer noch relativ nahe am Geschehen und bringe meine Ideen ein. Sie werden aber auch bald sehen, dass sich Dinge ändern, dass beispielsweise eine Kollegin oder ein Kollege aus der Redaktionsleitung das Editorial der `SonntagsZeitung` schreibt. Und Sie werden mich vermehrt auch im Tagi lesen, das ist sonnenklar.»
Zum Abschluss noch die Frage: Wo liegt ihr Herz? Beim «Tages-Anzeiger» oder der «SonntagsZeitung»?
Rutishauser: «Bei beiden. Am Samstag bei der `SonntagsZeitung` und unter der Woche dann wieder beim Tages-Anzeiger`.»