Nach fast 100 Jahren Presseball lanciert der Zürcher Presseverein ZPV nun die «Mediennacht». Mit Promis und Glamour soll in Zukunft Schluss sein. Die Mediennacht richtet sich ab diesem Jahr wieder an Journalistinnen und Journalisten. Nach einem Disput mit der organisierenden Event-Agentur richtet der ZPV die Journi-Sause nun selber aus.
Im letzten Jahr fand kein Zürcher Presseball statt. Grund dafür war ein Streit zwischen der Agentur Russen & Berger und dem Zürcher Presseverein. Weil die Sponsorensuche immer harziger lief, wollte die Agentur frühzeitig aus dem fünfjährigen Vertrag aussteigen. Dies wurde vom ZPV nicht einfach hingenommen. Der Disput wurde mit einem Vergleich beigelegt.
Am 1. Juni 2018 soll es nun zu einem Neuanfang kommen. Der frühere Champagner-, Promi- und Verleger-Anlass wird in diesem Jahr das erste Mal für die richtige Arbeiterklasse stattfinden. «Der Presseball war nie wirklich ein einfaches Journalistentreffen», bestätigt der Präsident des Zürcher Pressevereins, Janosch Tröhler, gegenüber dem Klein Report. Schon immer hätten die hohen Eintrittspreise von über 600 Franken für eine Dinner-Karte und fast 200 Franken für eine Champagner-Karte dazu geführt, dass am Presseball praktisch keine «normalen» Journalistinnen und Journalisten mehr waren.
Für die erste Ausführung der «Mediennacht» im Helsinki Klub in Zürich Anfang Juni wird nun der Glamour bewusst weggepackt. «Die Mediennacht 2.0 soll niederschwelliger sein. Eine Veranstaltung für Journalistinnen und Journalisten, nicht PR-Agenturen und deren Chefs», so Tröhler. Der ZPV sei seinen Mitgliedern schliesslich verpflichtet. Dementsprechend findet zum ersten Mal also kein traditioneller Ball mehr statt, sondern eine Party mit DJs. «Wir wollen als ZPV attraktiver für junge Medienschaffende werden. Ein Ball lockt heute nicht mehr.»
Ursprünglich hiess der Anlass Zürcher Presseball. Die Agentur hat das Label Mediennacht eingefädelt, weshalb es in den letzten Jahren ein Doppel-Branding gab «Zürcher Presseball / Mediennacht». Weil der Zürcher Presseverein das Konzept der Mediennacht nun völlig neu lanciert, sind am 1. Juni noch keine grossen Attraktionen geplant. Der Abend in der Bar neben dem Prime Tower im Kreis 5 findet ohne spezielle Gäste und Promis statt und beginnt mit einem Apéro, an dem man auch ohne Anmeldung teilnehmen kann. Ab 21 Uhr startet dann die Party, die man nur mit Anmeldung besuchen kann. Die Preise für die Mediennacht liegen je nach Vereinszugehörigkeit zwischen 0 und 15 Franken.
Auch eine Tombola oder Sponsoren wird es heuer keine geben. «Der ZPV dankt mit der Mediennacht seinen Mitgliedern und stemmt deshalb einen grossen Teil der Kosten», wie der Präsident des Zürcher Pressevereins verrät. Wie es künftig punkto Sponsoring, Programm und Location aussehen wird, werde der Verein erst nach dem 1. Juni richtig abschätzen können.
Nach der Trennung von der Agentur wird die Organisation des Events komplett durch den ZPV übernommen. Verantwortlich zeichnet neben Janosch Tröhler auch Jonas Gabrieli. «Für uns ist es auch ein spannender Einblick in die Event-Organisation», so Tröhler und «hoffentlich kommt alles gut».
Dass der Ausfall des Presseballs ein finanzielles Loch in die Vereinskasse reissen wird, verneint der ZPV-Präsident. Der Ball hatte eine garantierte Einnahme, die aber jeweils zu 50 Prozent an Reporter ohne Grenzen und den Zürcher Journalistenpreis gingen. «Der Ball hat dem ZPV per se nicht grosse Einnahmen beschert, sondern diesen Organisationen», wie Ringier-Mann Tröhler ausführt. Innerhalb des Vorstands arbeite man noch an Ideen, wie die früher durch den Presseball unterstützten Institutionen auch künftig gefördert werden können.