Eine neue Betriebskultur hält Einzug beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): «Trimediale Denkweise» lautet das geflügelte Wort, das derzeit unter den Mitarbeitenden beim Pausenkaffee in der Cafeteria diskutiert wird.
Wo bislang die Redaktionen vornehmlich für «ihre» Sendungen arbeiteten, wurden und werden nun neue Fachredaktionen gebildet. Diese liefern themenbezogene Inhalte, die dann «non-linear» im TV, Radio und am besten auch noch Online ausgespielt werden können.
Und in der Abteilung Kultur erfolgt im Juni der nächste Schritt, indem einzelne Redaktionen zusammengelegt werden. Verlieren so die einzelnen Sendungen ihre individuelle Duftnote? Droht gar der SRF-Einheitsbrei auf allen Kanälen? Stefan Charles, Abteilungsleiter Kultur bei SRF, erklärte dem Klein Report die wichtigsten Änderungen in seinem Bereich.
Welches sind in der neuen Organisation die Aufgaben der beiden Bereichsleiter Barbara Gysi (Radio/Audio) und Achim Podak (TV/Video)?
Stefan Charles: «Barbara Gysi und Achim Podak sind schon seit mehreren Jahren die Bereichsleitenden. Im Hinblick auf den Umzug an den neuen Standort in Basel werden ihre beiden Bereiche umbenannt, um die immer wichtiger werdende Produktion von non-linearen Audio- und Video-Formaten stärker zu betonen. Grundsätzlich verantworten beide das Angebot ihrer Bereiche in publizistischer und personeller Sicht.»
Die Wissenschafts-Redaktionen werden im Bereich Kultur zusammengefasst, genauso wie die beiden Redaktionen «Aktualität» und «Kunst&Gesellschaft»: Weshalb?
Charles: «Mit der Bündelung aller Wissens- und Wissenschaftsredaktionen und der Zusammenlegung der beiden Redaktionen 'Aktualität' und 'Kunst&Gesellschaft' soll einerseits die Themenplanung vereinfacht und andererseits die journalistischen Recherchen besser koordiniert werden.»
Wie funktioniert künftig die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Redaktionen: Arbeiten die Teams weiterhin für «ihre» Sendung oder übergreifend und vermehrt themenbezogen?
Charles: «Die Fachredaktionen im Radio arbeiten bereits heute und auch in Zukunft für verschiedene Sendungen. Durch diese Zusammenarbeit können Doppelstrukturen sinnvoll angepasst werden.»
Sie planen künftig ohne Christoph Keller und Martin Eggenschwyler: Was sind die Gründe?
Charles: «Martin Eggenschwyler hat sich per Ende 2018 auf eigenen Wunsch frühpensionieren lassen und wurde damals intern gebührend verabschiedet. Zu Christoph Keller: Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir keine weiteren Angaben machen.»
Inwiefern ist bei der neuen Organisation allenfalls auch eine andere Mentalität gefragt als bisher?
Charles: «Wir suchen vor allem Qualität und Qualifikationen für neue Aufgaben. Dabei muss man sich auf die Veränderungen einlassen wollen.»
Wird es bei SRF Kultur weiterhin die zum Teil etwas sperrigen und langatmigen Hintergrundgefässe geben, die nicht wirklich dem Mainstream entsprechen?
Charles: «Radio SRF 2 Kultur wird weiterhin Hintergrund-Sendungen auch zu Themen realisieren, die gemeinhin nicht als populärer Mainstream gelten, jedoch gesellschaftlich, politisch oder kulturell von zentraler Bedeutung sind.»
Führt die Neuorganisation und die «trimediale Denkweise» zu weniger Vielfalt und mehr Einheitsbrei, der über verschiedene Kanäle ausgespielt wird?
Charles: «Die Abteilung Kultur steht für die Themen aus der Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft und damit für ein vielfältiges und inspirierendes Angebot. Mit einer effizienten Themenplanung können Doppelspurigkeiten eliminiert werden, was wiederum Freiraum für vertiefte Recherchen schafft und somit zu einem journalistisch hochwertigen Programm beiträgt.»
Inwiefern können durch die Neuorganisation auch Ressourcen gespart werden?
Charles: «Bei der Umstrukturierung kommt es innerhalb der Abteilung Kultur zu Verlagerungen von Ressourcen. Diese werden z.B. für die Entwicklung und Realisierung von neuen Formaten genutzt oder fliessen in den neu geschaffenen Bereich Online & Distribution.»
Nathalie Wappler ist erst seit wenigen Tagen bei SRF tätig: Ist die Umstrukturierung mit ihr abgesprochen. Wie steht sie dazu?
Stefan Charles: «Nathalie Wappler übernimmt ihre neue Funktion bei SRF am 15. März. Die Reorganisation in Basel ist mit der scheidenden Direktion ebenso abgestimmt wie mit der neuen.»